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Ben-Hur and the Chariot Race (1899)

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Am Anfang war das Wort. Und das bezogen auf diesen Beitrag in zweierlei Hinsicht. 

Zum einen war das der Roman "Ben-Hur, A tale of the christ", geschrieben von dem Bürgerkriegsgeneral und späteren Politiker Lee Wallace, der 1880 erschienen war und zu jener Zeit ein Bestseller im wahrsten Wortsinn.

http://en.wikipedia.org/wiki/Ben-Hur:_A_Tale_of_the_Christ


Wer mit der Geschichte nicht (mehr) vertraut ist, kann hier in der Wikipedia nachschlagen, worum es in dem Roman geht: 


Und zum anderen war das die wunderbare Schwarte "Pioniere des Films - Vom Stummfilm bis Hollywood" von Kevin Bronlow, die eines der zahlreichen Kapitel der Produktion des berühmt-berüchtigten Monumentalfilms "Ben-Hur" von 1925 widmete. Dort habe ich vor Jahren das erste Mal von der aufwändigen Theateraufführung gelesen, mit der der Roman zum Ende des 19. Jahrhunderts für ein großes Publikum umgesetzt wurde. 


Als ich vor zwei Wochen zu dem Beitrag über die Chickering Hall recherchiert habe, bin ich auf Bilder gestoßen, die die Aufführung von Ben-Hur am Broadway zeigten und habe mir gedacht, dass das auch ein interessantes Thema für den Blog wäre. 




Angesichts des großen Erfolgs als Buch war es naheliegend, dass die Geschichte von Judah Ben-Hur irgendwann für die Theaterbühne umgesetzt wurde. Allerdings war das angesichts der großen Menge an spektakulären Handlungsorten und -ereignissen, darunter eine Seeschlacht zwischen Römern und Piraten und ein klassisches Wagenrennen, keine einfache Aufgabe. 

Außerdem hatte auch der Autor des Romans, Lew Wallace, beinahe 20 Jahre lang eine Aufführung blockiert, einerseits, weil er keine adäquate Möglichkeit sah, Jesus Christus auf einer Theaterbühne angemessen erscheinen zu lassen, andererseits aber auch keine Möglichkeit sah, das Wagenrennen realistisch umzusetzen.

Wer gedacht hat, dass sehr aufwändige Theaterproduktionen erst mit Andrew Lloyd Webbers Starlight Express oder Phantom der Oper begonnen haben, irrt. Denn die Produktion von Ben-Hur, die am 29. November 1899 am Broadway ihre Premiere feierte, kann bei einem fairen Vergleich sicherlich standhalten. 





Schauplatz des Spektakels war das "Broadway Theatre" an der Kreuzung 41st Street / Broadway , Hausnummer 1445 Broadway, einen Block südlich vom späteren Times Square und einen Block nördlich der alten Metropolitan Opera. (Bromley Stadtatlas von 1897, NYPL)




Byron Company, Broadway Theatre, 1895, from the collections of the museum of the city of New York


Da es mehrere Theater mit dem Namen "Broadway Theatre" gab, habe ich die "Internet Broadway Database" aufgerufen, um sicherzugehen, dass ich hier auch das richtige Theater erwische. 







Ben-Hur wurde wie erwartet ein Broadway-Hit und kam in seiner ersten Laufzeit auf 194 Aufführungen zwischen November 1899 und May 1900. Etwa 25.000 Tickets wurden pro Woche verkauft, die Menschen strömten zum Broadway, um sich die dreieinhalbstündige Show anzusehen.

Ben-Hur lief insgesamt 18 Jahre am Broadway, die erfolgreiche Show wurde auch an anderen geeigneten Orten installiert wie Boston, Philadelphia, Chicago oder London, Sydney und Melbourne. Eine Wandertheaterversion war sogar 21 Jahre im englischsprachigen Raum unterwegs. Am Ende hatten mehr als 20 Millionen Menschen Ben-Hur auf der Bühne gesehen. 



Ich möchte jetzt nochmal zur Uraufführung im November 1899 zurückkehren. Das Bild, mit dem ich diesen Beitrag eingeleitet habe, zeigt die Originalbesetzung der damaligen Aufführung. 



Dort wo dieses Bild herkommt, gibt es noch mehr Bilder von der Aufführung und den Schauspielern. Edward Morgan spielte den Judah Ben-Hur und William S. Hart den Messala. 









Die nachfolgende Seite enthält weitere Bilder, unter anderem auch von der Galeere und dem Ausgang der Seeschlacht und kann außerdem mit einer interessanten Information punkten. Normalerweise dauerten zu jener Zeit Kulissenwechsel noch mehrere Minuten, aber bei Ben-Hur hatte man es (wahrscheinlich auch aufgrund der Vielzahl an Schauplätzen) irgendwie realisieren können, dass die Schauplatzwechsel nur wenige Sekunden dauerten. 






Der Höhepunkt der Theateraufführung war - wie später auch bei den Kinofilmen - das Wagenrennen bei dem Judah Ben-Hur und Messala als Konkurrenten gegeneinander antreten. 


Und um dieses Ereignis wie vom Romanautor gefordert "realistisch" auf die Bühne zu bringen, setzte man echte Pferde, eine Tretmühle und ein Cyclorama ein. Man hat für damalige Zeiten sicherlich die Grenzen des Möglichen ausgelotet, aber auch für heutige Zeiten ist der Aufwand immer noch sehr beeindruckend für eine Bühnenproduktion.




In der New Yorker Produktion wurden die Streitwagen von Messala und Ben-Hur durch jeweils zwei Pferde gezogen, die auf der Tretmühle gesichert durch zusätzliche Vorrichtungen auf der Stelle galoppierten, während das rotierende Cyclorama dafür sorgte, das hinter den Streitwagen der Hintergrund mit dem Circus Maximus vorbeiflog und so die Bewegung der rasenden Pferde und Streitwagen Sinn machte und alles zu einem schlüssigen Gesamteindruck eines Wagenrennens verschmolz. Wie man in der Zeichnung erkennen kann, waren die Tretmühlen auch noch beweglich, so dass mal der eine und mal der andere Kontrahent im Rennen vorne liegen konnte. Die ganze Apparatur wog so um die 85 Tonnen, den natürlich musste ordentlich Stahl in das Gerüst rein, damit es die vier Pferde, zwei Schauspieler und zwei Streitwagen in voller Bewergung halten konnte. 




Heutzutage scheinen Pferde und Tretmühlen eine ganz normale Kombination zu sein, aber damals vor über 115 Jahren war die Idee der Theatermacher noch absolut innovativ.

Neben den Pferden erschien während der Aufführung auch noch ein echtes Kamel auf der Bühne: 



In dem Programmheft aus dem Jahr 1900, habe ich noch weitere Photographien der Bühnenversion von Ben-Hur entdeckt, die einmal mehr verdeutlichen, wieviele unterschiedliche Schauplätze in der Aufführung präsentiert wurden. 















Zum Abschluss möchte ich noch einen Blick auf die Verfilmungen von Ben-Hur werfen.



Die erste Verfilmung von Ben-Hur entstand 1907 zu einer Zeit, als sich das Zentrum der amerikanischen Filmindustrie noch an der Ostküste im Großraum von New York befand. Hollywood war zu dieser Zeit noch ein unbekannter Vorort am Rande von Los Angeles, die Filmproduktion wurde dort erst ab Beginn der 1910er aufgenommen. Folglich entstand dieser Film in räumlicher Nähe von New York, allerdings wohl im angrenzenden Nachbarstaat New Jersey, wo der damals die Filmindustrie beherrschende Filmmogul Thomas A. Edison sein Hauptquartier hatte.

Es handelte sich um einen damals üblichen One-Reeler (eine Filmspule) mit einer Länge von ca. 15 Minuten. Die Rolle des Messala übernahm wieder William S. Hart, der diese Rolle schon in der Originalbesetzung der Broadway-Aufführung verkörperte.
http://de.wikipedia.org/wiki/William_S._Hart

Die Handlung der unauthorisierten Verfilmung wurde durch enge Anlehnung an die Theaterversion generiert, was einen gerichtlich ausgetragenen Urheberrechtsstreit zur Folge hatte, der zu Ungunsten der Filmfirma endete.

Bei der Verfilmung des Wagenrennens (englisch: Chariot Race) an einem Strand in New Jersey griff man auf lokale Feuerwehrleute zurück, die die Kutschen fuhren und die Pferde stellten, die normalerweise Feuerwehrwagen zogen. Das Wagenrennen beginnt in dem nachfolgenden Video mit dem gesamten Film von 1907 ab Minute 10:14.
http://en.wikipedia.org/wiki/Ben_Hur_(1907_film)





Diese Verfilmung zeigt ein sehr frühes Stadium der Kunstform "Film", die ihre eigene Identität noch nicht so richtig gefunden hat, größtenteils erinnert das, was man zu sehen bekommt, an abgefilmtes Theater. Allerdings gab es 1907 durchaus schon Filmemacher, die deutlich mehr konnten als die Produzenten dieses Films (wie z.B. D.W. Griffith) und bereits eine eigene Filmsprache entwickelt hatten. 18 Jahre später sah das schon ganz anders aus:




1925 entstand die erste abendfüllende Verfilmung von Ben Hur in Italien und Kalifornien, 143 Minuten lang, einzelne Sequenzen sogar in frühem Technicolor. Berüchtigt ist die Verfilmung wegen angeblich ertrunkener Komparsen beim Drehen der Seeschlacht in Italien und zahlreicher toter Pferde bei den Aufnahmen des Wagenrennens. Dieses Mal greife ich auf einen Ausschnitt aus einer hervorragenden Fernsehserie über die frühen Jahre von Hollywood aus dem Jahr 1980 zurück, die in 12 Minuten ausführliche Entstehung über die Verfilmung des Wagenrennens liefert. 





34 Jahre später gab es eine weitere Verfilmung, dieses Mal komplett in Farbe und mit einem bis heute hochspannendem Wagenrennen als Filmhöhepunkt. Im direkten Vergleich kann man aber schon feststellen, das sich die 1959er-Version sehr stark von der 1925er-Version hat inspirieren lassen.

http://g-ecx.images-amazon.com/images/G/15/DVD/ADetail/Ben-Hur/600600-010C._V165286826_.jpg


Das gesamte fast zehnminütige Wagenrennen war zwar in einer Version minderer Qualität verfügbar, ich habe mich aber entschieden, diese Version mit besserer Qualität einzubetten, die die letzten vier Minuten des Rennens zeigt.





Der Vollständigkeit halber habe ich auch noch nach der 2010er TV-Version Ausschau gehalten. Ein Einzelabschnitt mit dem Wagenrennen war nicht verfügbar, wohl aber die Serie im Ganzen. Gegenüber den letzten zwei Verfilmungen hat man hier wieder eine paar Gänge zurückgeschaltet, um das Wagenrennen umzusetzen. Wer sich interessiert, findet es ab Zählerstand 2:29 min. Nicht irritieren lassen von der Tonspur, da wurde eine polnische Ein-Mann-Synchro über den Originalton gelegt.






Linksammlung:

Wikiseite über die Theaterproduktion (eng): http://en.wikipedia.org/wiki/Ben-Hur_(play)

Die Verfilmungen:


Bonustrack:

Eine letzte Frage ist noch ungeklärt. Nämlich die, wie ich eigentlich von der Chickering Hall auf Ben-Hur gekommen bin. Das liegt ja jetzt nicht gerade auf der Hand. Hier nochmal der Beitrag von vor zwei Wochen und das dazugehörige Gebäude an der Adresse 27-29 West 57th Street:

http://nygeschichte.blogspot.de/2015/04/chickering-hall.html


27-29 West 57th Street, Chickering Hall 1925, from the collection of the museum of the city of New York



Die Verbindung liegt in der Person, die man auf der nachfolgenden Bildcollage links im Kreis sieht:



Dieser Herr trug den Namen Dr. Martin Potter, war von Beruf Tierarzt, arbeitete in New York aber vor allem als Tiertrainer für Theaterproduktionen, weshalb man von ihm auch als "Noah of the Theater" sprach. Das war nicht übertrieben, denn er konnte neben Pferden und Kamelen auch Löwen, Elephanten und Tiger anbieten, aber auch Hunde, Ziegen und kleinere Tiere.

Der andere Herr auf dem Photo rechts war Dr. Samuel Field, ebenfalls Tierarzt und Pferdetrainer von Beruf. Bevor er sich den Tieren zuwendete, hatte er Federungen für Räder hergestellt, später als Soldat im Amerikanischen Bürgerkrieg gedient  und war als Gefängniswärter tätig gewesen.

Gegen Ende der 1880er schlossen sich die beiden zusammen und konzentrierten sich auf das Tiertraining für Theaterproduktionen. Ihr "Horse College" befand sich in einem großen, fünf Stockwerke hohen Stall an der Adresse 141 East 23rd Street, die Presse bezeichnete es auch als "Schauspielschule für Vierbeiner (The Quadrupedal Academy of the Drama)". 

Hier sieht man Pferde, einen Hund, ein Pony und einen Esel von Potter und Field in einer Aufführung von "Onkel Tom's Hütte" im Jahr 1901 auf der Bühne der Academy of Music:




Plays Uncle Toms Cabin, 1901, from the collections of the museum of the city of New York



Ein anderes Beispiel sind die Pferde, die hier bei "Way Down East" ca 1898 ebenfalls auf der Bühne der Academy of Music erscheinen.


Plays Way Down East, ca 1898 ,from the collections of the museum of the city of New York


Die Tiere trainierten zusammen mit den Schauspielern die jeweils aktuellen Stücke, in denen sie eingesetzt wurden und waren für die besonderen Bedingungen einer Theaterproduktion geschult, zum Beispiel auf die Bühne zu galoppieren und dann sehr schnell zum Stehen zu kommen, um den für die Zuschauer verständlichen Vortrag von Dialogen zuzulassen.

Ihr ahnt es sicher schon, auch die bei Ben-Hur ab 1899 eingesetzten Tiere wie Pferde und Kamele stammten aus dem Horse College von Potter und Field.

Diese Quelle spricht davon, dass auf der Bühne nicht nur 2 Kutschen mit 2 Pferden in der Tretmühle gejagt wurden, sondern vier Kutschen mit jeweils vier Pferden. Denkbar wäre, dass vielleicht ursprünglich 2 x 2 Pferde eingesetzt und später die Zahl der Kutschen und Pferde erhöht wurden, um den Thrill zu vergrößern.
http://hatchingcatnyc.com/2014/04/26/thespian-horse-college-gramercy-park/

Für das Spektakel und den Einsatz in den Tretmühlen wurden durch Potter und Field insgesamt 32 Pferde trainiert. Offenbar hat man die Pferde zunächst in einem abgedunkelten Bereich anlaufen lassen und wenn die Pferde einen bestimmten geschwindigkeitsbedingten Lautstärkepegel erreichten, wurde ordentlich Licht auf die Szenerie gegeben, so dass das Publikum dann auf Pferde im vollen Galopp in dem simulierten Rennen erblickten. Zuletzt wurden die Räder von Messalas Streitwagen abgezogen, das Licht wieder runtergedreht und die Pferde gebremst. Um das Rennen optisch noch realistischer zu gestalten, wurde sogar Staubwolken hinter den Kutschen herausgeblasen.


Ab 1906 gingen die Geschäftspartner getrennte Wege. Doktor Potter war ab 1905 als Tierarzt und Trainer beim 1905 eröffneten Hippodrome in Manhattan tätig. Außerdem arbeitete er für eine frühe Filmgesellschaft namens Fox Film Corporation mit Sitz an der 46th Street in der Nähe des Times Squares.

An der 30th Street östlich der Fifth Avenue betrieb Potter in den Räumlichkeiten seiner Vierbeinerakademie außerdem eine Art Pfandhaus, in dem mittellose Zirkusleute und Tiertrainer ihre Schützlinge gegen ein Darlehen abgeben konnten.

Dr. Martin Potter wohnte bis Beginn der 1920er in einem Apartmenthaus an der Adresse 27-29 West 57th Street.  In den frühen Morgenstunden des 02. Dezembers 1920 brach dort ein schweres Feuer aus. Fünf Bewohner, darunter Dr. Potter, konnten die brennenden Gebäude nicht mehr verlassen und kamen in den Flammen ums Leben.



Tragischerweise waren bei einer großangelegten Renovierungsmaßnahme ein Jahr zuvor die Treppenhäuser entfernt worden, die sich zuvor in jedem der Gebäude jeweils zwischen dem ersten und zweiten Stockwerk befunden hatten. Grund war die Schaffung von mehr Wohnraum pro Etage.

Nach dem Brand wurden die Ruinen abgerissen und auf den Grundstücken entstand vier Jahre später die Chickering Hall.


Bonustrack 2:

Einen allerletzten habe ich noch:

da ist noch die Frage offen, wie man bei der Theateraufführung die schwierige Frage gelöst hat, Jesus Christus in der Theateraufführung erscheinen lassen, ohne dass streng religiöse Zuschauer in ihren Gefühlen verletzt wurden und "Blasphemie !" hätten schreien müssen.

Dieses Problem hat man einfach, aber effektiv gelöst. Jesus Christus wurde nicht von einem Menschen dargestellt, sondern wenn seine Anwesenheit auf der Bühne gefragt war, wurde ein besonders starker Scheinwerfer aktiviert, der dem Sohn Gottes eine körperlose Präsenz in dem Schauspiel verschaffte.





New York Wheel

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Auch wenn hier im Blog generell die Vergangenheit im Mittelpunkt steht, so muss gelegentlich auch mal Platz für die Gegenwart eingeräumt werden. Riesenräder scheinen zurzeit hoch im Kurs zu sein, um Orte, die bereits reich an Attraktionen sind, um eine zusätzliche Attraktion zu erweitern. 

Nachdem die Stadt London das Erfolgsmodell mit dem London Eye (2000, 120 m) vorgemacht hatte, nachdem weitere Ferris Wheels, wie sie in der englischen Sprache genannt werden, in Nanchang, China (2006, 160 m), in Singapur (2008, 165 m) und in Las Vegas (2014, 167 m) in Betrieb genommen wurden, schließt sich jetzt auch die Hudson-Metropole mit einem eigenen Projekt an. 

Wie es sich für New York gehört, wird natürlich nicht gekleckert, sondern geklotzt, deshalb soll das New York Wheel dann auch bescheidene 190,5 m hoch werden (zum Vergleich: die allseits bekannten mobilen Riesenräder auf größeren Kirmesplätzen sind in der Regel zwischen 30 und 55 m hoch). 



Die schlauen Projektplaner haben sich einen besonderen Standort für das New York Wheel ausgesucht: nämlich den der fünf Boroughs, der etwas abseits liegt und den keiner so richtig auf dem Schirm hat: Staten Island. Dort in der Nähe des Anlegers für die Staten Island Ferry warten zukünftig das Riesenrad auf Fahrgäste. 



Diese Strategie, mit der neuen Attraktion dafür zu sorgen, dass auch Staten Island einen Teil von den Touristenströmen abbekommt, könnte vielleicht sogar aufgehen, zumal man auf dem Weg dorthin noch schnell die Freiheitsstatue aus der Nähe fotografieren kann. 



In diesem Jahr soll der Bau beginnen, das Ende ist 2017 geplant. Na dann viel Glück!




Behind the signs

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Der Macher von Ephemeral New York hat in seinem Blog so eine unregelmäßige Serie, in der immer dann wieder eine Folge erscheint, wenn irgendwo in New York eine Gebäude renoviert wird und beim Abnehmen der nicht mehr benötigten Reklameschilder irgendetwas Interessantes und lange Verborgenes zurück ans Tageslicht gekehrt ist. 

Ich finde diese Form von moderner Archäologie wunderbar spannend und habe mich deshalb gefreut, dass gerade wieder eine neue Folge erschienen ist.

https://ephemeralnewyork.wordpress.com/2015/05/02/behind-the-starbucks-sign-on-lexington-avenue/


google maps


Ein aufmerksamer Blogleser hatte den Macher darüber informiert, dass die Starbucks-Filiale an der Hausnummer 655 Lexington Avenue gerade renoviert wird und das eingangs gezeigte Foto geschossen, das zeigt, was zum Vorschein kam, als die Starbucks-Reklame abgenommen worden war. 



Besagte Filiale ist in einem Haus an der Südostecke der Kreuzung 55th Street / Lexington Avenue in Midtown Manhattan untergebracht. Früher, als noch nicht die Schwemme der Kaffeehäuser über die Welt hereingebrochen war, befand sich hier die Filiale eine kleinen Kette von Plattenläden mit dem Namen "The Record Centre".



Auf der Internetseite der Columbia Universität findet man noch eine alte Werbeanzeige aus dem Columbia Daily Spectator vom 22. November 1963, dem Tag des Kennedy-Attentats, die vermutlich so eine Art Universitätszeitung war. 




Die verrät uns, dass es damals zur Zeit des noch drei weitere Niederlassungen von "The Record Centre" in Manhattan gab: an der 42nd Street östlich der 5th Avenue, an der 41 West 8th Street und an der Ecke Broadway und 12th Street, die letzten zwei also unten in Greenwich Village. 

Das Gebäude an der Ecke 55th Street / Lexington Avenue wurde laut NYCityMap im Jahr 1957 gebaut, das würde mit der Anzeige oben von der Chronologie her passen. 



Das ganze Gebäude sieht von der Lexington Avenue gesehen so aus, die Filiale von Starbucks bzw. The Record Centre befindet sich links außen:



In der Sammlung des Museums der Stadt New York findet man eine Photographie des Gebäudes vom 24. Mai 1958:

Wurts Bros, 133 East 55th Street and Lexington Avenue, SE corner, Apartment building, 5-24-58, from the collection of the museum of the city of New York


Jetzt bleibt nur noch die hochspannende Frage, was wir finden, wenn wir den Zoom auf die Hausecke dort unten richten. Uuuuuuuuund - Treffer, die Filiale von The Record Centre war 1958 schon da:



Und das Schild, was hier im Mai 1958 über dem Laden aufgenommen wurde, scheint mir ziemlich genau jenes zu sein, welches während der Renovierungsarbeiten bei Starbucks zum Vorschein kam: 





Schauen wir uns noch kurz um, wo wir gerade mal in dieser ansonsten weniger besuchten Ecke sind. Der Standort der Filiale liegt ein paar Blocks südöstlich des Central Parks.

google maps


Einige Blocks weiter südlich kann man das Chrysler Building erkennen, das an der Ecke 42nd Street / Lexington Avenue steht.



Direkt gegenüber vom Record Centre / Starbucks steht diese wunderschöne alte Synagoge:





Wann die "Central Synagogue" genau gebaut worden ist, habe ich jetzt nicht mehr nachvollzogen, aber Otto Langmann hat sie 1936 bereits gezeichnet: 

 Otto Frederick Langmann, 54th Street and Lexington Avenue, 1936, from the collection of the museum of the city of New York


Ähnlich prächtig wie von außen sah die Synagogue auch 1946 in ihrem Inneren aus, das zeigen die nachfolgenden Photographien: 



Nyholm, Central Synagogue, ca 1946, from the collection of the museum of the city of New York


Das markante Gebäude im Hintergrund auf der Zeichnung von Otto Langmann steht auch noch und zwar an der Ecke 51st Street / Lexington. 




Dabei handelt es sich um das Anfang der 1930er gebaute RCA Building (RCA = Radio Corporation of America), auch 570 Lexington Avenue genannt. 

51st Street and Lexington Avenue, RCA Building, 1931, from the collection of the museum of the city of New York


Und wie es sich für ein zu dieser Zeit in New York gebautes Bauwerk gehört, wurde es passend zum damaligen Geschmack ornamentiert, ein wahres Art-Deco-Schmuckstück, wie man hier am Eingang erkennen kann: 




Mehr über das RCA Building hier: http://de.wikipedia.org/wiki/570_Lexington_Avenue


Einen habe ich noch, da geht es um das Gebäude auf dem Ausgangsfoto links im Hintergrund:




Da war vor 110 Jahren wohl mal ein Kinderkrankenhaus untergebracht, wenn man dem Namen auf dieser historischen Aufnahme Glauben schenken darf: The Babies Hospital


135 East 55th Street and Lexington Avenue, The Babies Hospital, ca 1900, from the collection of the museum of the city of New York


Laut dieser Quelle wurde das Hospital 1902 errichtet, verfügte über 80 Betten und dort wurden Kleinkinder bis zu einem Alter von drei Jahren behandelt. Das Hospital war bis 1929 in Betrieb.

Rechts am Rand des Bildes sieht man übrigens vermutlich das Gebäude, das vor dem Plattenladen an der Südostecke der Kreuzung stand. 

Und mit einer weiteren historischen Aufnahme des Gebäudes aus dem Jahr 1937, dieses Mal vom Osten her aus der 55th Street aufgenommen, möchte ich den Beitrag beenden:




Wem dieser Beitrag gefallen hat, da kann hier einen ähnlichen Beitrag über das Utah House finden, der ebenfalls durch eine Veröffentlichung bei Ephemeral New York inspiriert war:


Lower Manhattan - A journey through time and space - Part 36

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In den vergangenen drei Jahren sind wir schon zahlreiche Male in die Tiefen der Geschichte von Südmanhattan abgetaucht. Mit beteiligt an der Gestaltung der Serie durch Übersendung von Material und Themenvorschlägen waren auch die Leser Arnie Merriam, Michal Juroska, Andy Frieder und JPJ.

Hier kannst Du die bisherigen offiziellen und inoffiziellen Folgen der Reihe abrufen.



1. Chambers Street Mistake

In der letzten Folge der Lower Manhattan Saga war mir bei der Interpretation einer alten Aufnahme bekanntermaßen ein Fehler unterlaufen. 



Diese Aufnahme, die 1865 am Broadway entstanden sein soll, hatte ich so interpretiert, dass dort im Vordergrund die Ecke Chambers Street / Broadway zu sehen ist, vom Norden her gesehen, links der City Hall Park. 


Andy Frieder hat mich glücklicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass diese Interpretation falsch ist. Tatsächlich handelt es sich um die Mündung der Wall Street in den Broadway, aufgenommen vom Süden her. Mehr Informationen findest Du in dieser ausführlichen "Gegendarstellung":


Bei dem ganzen Geschreibe dort ist allerdings noch eine Frage ungeklärt geblieben. Nämlich die, wie es denn nun damals gegen Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs tatsächlich an der Ecke Chambers Street und Broadway aussah. Und das möchte ich jetzt nachholen. 

Hier nochmal die auslösende Stereo Card, dieses Mal in einer Version, die man in der Sammlung der Öffentlichen Bibliothek von New York findet:



Und das wäre in etwa der Anblick gewesen, den ich meinte, gesehen zu haben: 

Looking down Broadway from the corner of Chambers Street, ca 1860, http://digitalcollections.nypl.org/items/510d47e0-1c66-a3d9-e040-e00a18064a99





Ich denke, damit ist diesesThema erstmal ausgereizt. 



2. Corner Chambers Street / Hudson Street


Von den alten Stereokarten kann ich aber noch nicht lassen. Und deshalb greife ich direkt mal eine auf, die mir im Zusammenhang mit den zuvor gezeigten Aufnahmen quasi gratis mit in die Hände gefallen ist: 



Man schaut hier die Hudson Street hinauf, von der Kreuzung mit der Chambers Street aus gesehen, aufgenommen vermutlich auch in den 1860ern. Ein großartiges Zeitdokument, wie ich finde.



Die treibende Kraft im Stadtverkehr ist zu dieser Zeit noch das Pferd. Die Gäule ziehen hier so ziemlich alles, Kutschen, Lastenfuhrwerke und insbesondere auch schienengeführte Pferdeomnibusse, die damalige Lösung für den Personennahverkehr. Bis zur Inbetriebnahme der Hochbahnen sollte es noch mindestens 10 Jahre dauern. 





Im Hintergrund links sieht man offenbar eine frühe Niederlassung der "American Express Company". Ich hatte bisher eigentlich nur auf dem Schirm, dass deren Hauptquartier am Broadway, südlich des Rector Street stand. 



Der Standort des Photographen befand sich innerhalb von Lower Manhattan etwa hier.



Das früheste verfügbare Kartenmaterial ist mal wieder der Bromley-Stadtatlas von 1879:




Und dort sieht man tatsächlich - wenn auch etwas verdreckt - ein Gebäude der American Express Company an der Hudson Street, mit der Duane Street im Süden, der Jay Street im Osten und der Staple Street im Westen. 

Auf dieser Zeichnung aus dem Jahr 1858 sehen wir die Beschäftigten der American Express Company bei einem Ausflug: 

Turn Out of the employees of the American Express Company, 1858, from the collection of the museum of the city of New York


Und das Gebäude dort im Hintergrund sieht mir sehr nach jenem auf der Stereo Card aus den 1860ern aus: 



Noch eine Abbildung des American Express Company Buildings, dieses Mal auf 1860 datiert. Der müsste dieses Mal vom Nordosten her auf das Gebäude blicken, man vergleiche die vier kleinen Häuser links davon, die man auch auf der 1858er-Zeichnung sehen kann: 

Depot and Offices of the American Express Company, Hudson, Jay and Sple Streets, New York, ca 1860, 
from the collection of the museum of the city of New York


Die Straße, die hier im rechten Bildteil vor dem Gebäude verläuft und auf der fleißig marschiert wird, halte ich für die Jay Street.


1885 scheint dieses Gebäude schon nicht mehr von American Express belegt zu sein. 




Offen ist allerdings, ob sie zu diesem Zeitpunkt schon zu der neuen Adresse 65 Broadway umgezogen waren, die man im 1891er-Bromley-Stadtatlas wiederfindet:




Den Faden an 65 Broadway nehme ich gleich wieder auf, Bevor wir dorthin weiterspringen, möchte ich noch kurz ein bemerkenswertes Gebäude in den Mittelpunkt rücken, das ich an der Hudson Street auf dem Block zwischen Jay Street und Harrison Street entdeckt habe, also einen Block weiter nördlich als das American Express Co. Building. 

Auf dieser Karte von 1916 sieht man das "New York Hospital, House of Relief" an der Adresse 67 Hudson Street. 



Viel interessanter finde ich allerdings das Gebäude direkt rechts nebenan auf 71 Hudson Street, denn hier lächelt einen der Geist von Nieuw Amsterdam an: 

67 Hudson Street at the corner ay Street, Hudson Street Hospital, ca 1918, from the collection of the museum of the city of New York


Im Erdgeschoss residierte damals eine Gesellschaft, die mit Kondenzmilch handelte, wie es scheint:



Oben wieder ein Fassadengestaltung, die von den Wurzeln der Stadt in den Beneluxländern beeinflusst ist. 




1978 wurde das gleiche Szenario nochmal aufgenommen, aus dem Hudson Street Hospital war inzwischen ein Militärhospital geworden (U.S. Marine Hospital No 70). 

Edmund Gillon, 67, 71, 73, 75, 77-79 and 81 Hudson Street, ca 1978, from the collection of the museum of the city of New York


Im Erdgeschoss wird inzwischen nicht mehr mit Kondensmilch, sondern mit (gefrorenen) Eiern gehandelt und 71 Hudson Street hat den halben Dachabschluss verloren, der 1918 noch oben drauf angebracht war. 




Erfreulicherweise kann ich berichten, dass 71 Hudson Street auch in der Gegenwart noch vorhanden ist. Der rote Niederländer ist noch vergleichsweise jung, er wurde vor 100 Jahren im Jahr 1915 gebaut. 






Und da wir gerade im Street View sind, marschieren wir mal eben ein paar Blöcke gen Süden, um dort noch den Bogen zum Ausgangsfoto zu schlagen und schauen mal, wie sich der Blick von der Chambers Street aus die Hudson Street hinauf seit den 1860ern verändert hat. 



Die Hudson Street ist diejenige, die hier in der Bildmitte und im Bildvordergrund als Fußgängerzone hinaufführt. 




3. 65 Broadway

Ich möchte nun die Faden der American Express Company nochmal aufnehmen und weiterverfolgen. Ich glaube, ich habe die Niederlassung an der Adresse 65 Broadway schon mal in einer früheren Folge betrachtet, deswegen werde ich das hier jetzt auch nicht zu sehr ausarten lassen. 

An der Ecke Rector Street / Broadway stand ab ca. 1808 eine Kirche, die "Grace Church", das ist die Kirche im Vordergrund links, mit dem runden Türmchen auf dem Dach. 

 Grace and Trinity Churches, 1908, from the collection of the museum of the city of New York


Nur einen Steinweitwurf entfernt sieht man mit spitzem Turm die Trinity Church, allerdings nicht in der heute bekannten dritten, sondern in der zweiten Version, die 1790 eingeweiht wurde. Diese wurde zerstört, als das Gebäude unter einer großen Schneelast im Winter 1838/39 zusammenbrach. 

Abraham Hosier, Broadway north from below Rector Street, 1809-13, from the collection of the museum of the city of New York


Grace Trinity Churches, 1831, from the collection of the museum of the city of New York


Die beiden eng zusammenstehenden Kirchen kann man auch gut auf der 1836er-Karte von New York nachvollziehen: 




Bereis 1846 wechselte die Grace Church, der einige Meilen weiter nördlich den Broadway hinauf an der East 10th Street errichtet worden war. Möglicherweise wird genau diese Situation auf dem nachfolgenden, auf 1848 datierten Street View der Westseite des Broadways dargestellt, einschließlich einer Lücke der vermutlich bereits abgerissenen alten Grace Church: 

Broadway ca 1848, from the collection of the museum of the city of New York


Aber auch diese Häuser scheinen recht schnell verschwunden zu sein, denn die nachfolgenden drei Ansichten zeigen, dass auf dem Grundstück der Grace Church an der Ecke Broadway / Rector Street und in der südlichen Nachbarschaft um 1850 einiges neu gebaut wurde. Allerdings scheinen sich die Zeichner die eine oder andere künstlerische Freiheit erlaubt zu haben, so ganz übereinstimmend sind die Darstellungen nicht. Vielleicht ist aber auch die Datumsangabe vage und man sieht tatsächlich verschiedene Sachstände. Oder frühere Konstellationen wurden Jahre später aus dem Gedächtnis zu Papier gebracht. 


 Broadway from Exchange Alley, ca 1850, from the collection of the museum of the city of New York


(zweite Reihe) From No 1 to No 203 Broadway, 1850, from the collection of the museum of the city of New York


John William Hill, Broadway and Rector Street, ca 1850, from the collection of the museum of the city of New York


Dafür hat sich dann bis in die 1880er nicht mehr so viel verändert: 

HC Koevoets, Broadway West Side, Between Rector Street and Exchange Place. 1880, from the collection of the museum of the city of New York


Bewegung kam erst wieder in die Umgebung, als ab Mitte der 1890 die ersten Wolkenkratzer ihren Platz am Broadway bezogen, so wie das Empire Building, das 1898 an der Ecke Rector Street / Broadway fertiggestellt wurde: 



Empire Building, 1899 und ca. 1905, from the collection of the museum of the city of New York


Was einem auf einen flüchtigen Blick hin nicht so ganz auffällt, was mir aber seit dem vorletzten Besuch in New York irgendwie dauerhaft hängengeblieben war, ist der Umstand, dass die Rector Street an dieser Stelle recht abschüssig ist, was man gut sehen kann, wenn man den Street View-Mann unten auf der Trinity Place absetzt und zurück zum Broadway hinaufblickt. 



Ab 1914 wurde als Nachbar links nebenan die Hauptniederlassung der American Express Company an der Adresse 65 Broadway neugebaut und 1917 fertiggestellt: 

The Empire Building and part of the Trinity Church Graveyard, ca 1915, from the collection of the museum of the city of New York


Hier sehen wir das Gebäude während der Bauphase im Jahr 1916:

American Express Bldg and Broadway North, 1916, from the collection of the museum of the city of New York


Das Gebäude nach der Fertiggestellung vom Süden her, man beachte den großzügigen Freiraum unter dem Bogen:

American Express Bldg and Broadway North, 1917, from the collection of the museum of the city of New York


Der Eingangsbereich und der obere Abschnitt des Gebäudes:


American Express Building, from the collection of the museum of the city of New York


Zum Abschluss noch ein paar Innenansichten: die Haupttreppe, die Büros und die Aufzüge im ersten Stock.

 65 Broadway, American Express Building, grand stairway detail, ca 1917, from the collection of the museum of the city of New York


65 Broadway, general interior of main floor office space, ca 1917, from the collection of the museum of the city of New York


65 Broadway interior of the first floor along elevator corridor, ca 1917, from the collection of the museum of the city of New York



4. New York Birdseye View 1880 Mystery


Auf dieser Luftansicht von New York City aus dem Jahres 1880 habe ich einige Gebäude entdeckt, zu denen mir spontan nichts einfällt:



Wenn jemand eine Ahnung hat, um welche Gebäude es sich handelt, wäre ich für einen Hinweis dankbar.

Zum Beispiel dieses Gebäude an der White Hall Street (?):




Oder diese zwei Gebäude nicht weit dahinter, die an der Wall Street gestanden haben müssten:



Hier haben wir übrigens eine sehr interessante Darstellung vom Drexel Building, das ich so auch noch nicht gesehen habe:




Drexel Building, from the collection of the museum of the city of New York


Dieses Gebäude an der Nassau Street, das hinter der Federal Hall kann ich im Moment auch nicht zuordnen:



Und schließlich sind da noch diese beiden Gebäuden weiter nordöstlich im Hintergrund:




5. 375 Broadway in the Colonial Era?


Dann habe ich noch eine Suchbitte von Arnold Merriam empfangen, der wesentlich dafür gesorgt hat, dass diese Serie, die Lower Manhattan Saga, vor über drei Jahren gestartet wurde.

Arnie sucht nach einer Abbildung des Hauses, das während der englischen Kolonialzeit an der Adresse 375 Broadway stand. Schauen wir mal, ob sich da etwas finden lässt.



Diese Adresse befindet sich nur zwei Blöcke nördlich vom New York Life Insurance Building, über das hier - auch dank Arnies Unterstützung, der Innenaufnahmen aus dem Gebäude beigesteuert hat - bereits ausführlich berichtet wurde. Das NYLIB steht an der Ostseite des Broadways auf dem Block zwischen Leonard Street und Catherine Lane.
http://nygeschichte.blogspot.de/2013/03/lower-manhattan-instant-2-new-york-life.html




Wenn dort mit dem Street View hinmöchte, passiert Seltsames. Ich komme mit dem Street View nicht in diesen Broadway-Abschnitt zwischen Franklin Street und White Street hinein, da muss irgendwas Besonderes stehen. Man kann nur von vorgenannten Straßen aus in den Abschnitt hineinspinxen, zuerst Franklin, dann White Street:




Dieses Phänomen bleibt auch dann erhalten, wenn man frühere Aufnahmen vom Street View ansteuert. Das aktuelle Gebäude Nummer 375 Broadway muss aber das zweite Haus von rechts sein, denn am Haus an der Ecke Broadway / White Street ist gut sichtbar die Hausnummer 377 angebracht.


375 Broadway müsste folglich dort sein, wo der Laden namens Ricky's NYC beheimatet ist. Das wird durch den Store Locator auf der Webseite von Ricky's bestätigt, dort ist eine Niederlassung an 375 Broadway aufgeführt.
http://www.rickysnyc.com/store-locator



Das aktuell dort stehende Gebäude wurde laut NYCityMap im Jahr 1915 gebaut. Das gesuchte Gebäude ist es also nicht.




Der Broadway Street View von 1899 zeigt das Haus, das vor dem 1915 auf den Hausnummer 373 und 375 errichteten Gebäude auf Hausnummer 375 stand:





1891 war das Grundstück schon bebaut, wie der Stadtatlas von 1891 dokumentiert, es handelt sich um ein schmales tiefes Grundstück, das nur an der Broadwayfront Bausubstanz trägt:




Im Atlas von 1879 ist das Grundstück ebenfalls eingezeichnet, vermutlich war es damals auch schon bebaut, auch wenn man das hier nicht sehen kann.





Wir erreichen den Amerikanischen Krieg, in diesem Street View von 1865 ist das von 1899 bekannte Gebäude ebenfalls eingezeichnet, es stand also damals schon:







Diese Karte von 1857 scheint zwei Häuser auf dem Grundstück abzubilden:




Ähnliche Informationen finden sich auch auf einer 1852er-Karte:



Auch 1836 gehörte der gesuchte Bezirk bereits zu dem von der Stadt New York vereinnahmten Bereich, die Stadtgrenze verlief bereits ein ganzes Stück weiter nördlich.





Gleiches gilt auch für das Jahr 1811:




Ich stoße jetzt mal direkt vor bis zur Kolonialzeit, der gesuchten Colonial Era. Mit folgendem Ergebnis: Ich denke, dass es die Adresse 375 Broadway 1776 und davor noch nicht gegeben hat. Den Eindruck hinterlassen jedenfalls die folgenden Karten bei mir. Zunächst 1776:



Und dann die sogenannte Ratzer Map, die 1770, also noch in der Kolonialzeit gezeichnet wurde:



Und da kann man sich auf den Kopf stellen, aber wenn ich mir die Position des City Hall Parks ansehe und den Umstand, dass die Stadt New York damals bereits an seinem Nordende aufhörte, dann kann ich nicht anders als die Behauptung aufzustellen, dass jener Sektor am Broadway zwischen Franklin und White Street zur Kolonialzeit noch nicht vermessen und bebaut war, sondern dass der 1770 jenseits der Stadtgrenzen lag, dort, wo auf der Karte Wälder und Wiesen eingezeichnet sind.



Zum direkten Vergleich nochmal die Position auf der 1836er-Karte inklusive ungefährem Verlauf der 1770er-Stadtgrenze:




6. Lower Manhattan Changes


Michal Juroska hat bei einem Aufenthalt in diesem Jahr ein paar sehr interessante Veränderungen in Südmanhattan dokumentiert:

Da wäre als erstes das Temple Court-Gebäude, über das hier schon einige Male berichtet wurde und das ich zum Beispiel das erste Mal bei ScoutingNY wahrgenommen habe.











Man findet das Gebäude an der Adresse 5 Beekman Street und es handelt sich um ein schon sehr altes Hochhaus in Südmanhattan. Das ursprüngliche Gebäude wurde von 1881-1883 gebaut, 1889-90 erhielt es dann noch einen Erweiterungsbau.
http://en.wikipedia.org/wiki/Temple_Court_Building_and_Annex

Dass aus dem ursprünglich als Bürogebäude genutzten Klassiker bald ein Apartmenthaus werden soll, war schon länger bekannt. Allerdings nicht, wie das im Detail aussehen soll. Michal hat einen zweiten Anbau fotografiert, den das Gebäude aktuell erhält. Das ganze Gebilde soll dann wohl unter dem Namen "The Beekman" vermarktet werden.



pictures taken by Michal Juroska in 2015


Die Webseite zum Projekt vermittelt bereits eindrucksvoll, was da auf uns zukommt:
http://thebeekman.com/

Und wie sich Altes mit Neuem verbinden soll, wie zum Beispiel hier am Fuße des Atriums:



Eine Veränderung ganz anderer Art konnte Michal am Liberty Tower dokumentieren. Der vor 105 Jahren fertiggestellte Wolkenkratzer-Klassiker erstrahlt nach einer ausgiebigen Renovierung der Außenfassade wieder so hell und sauber wie einst in 1910 bei der Eröffnung.

Liberty Tower, New York, ca 1915, from the collection of the museum of the city of New York


photo taken by Michal Juroska in 2015


Und dann kann sich vielleicht noch jemand dran erinnern, dass ich vor eineinhalb Jahren über das Gebäude berichtet habe, das einst westlich hinter dem Woolworth Building stand.
http://nygeschichte.blogspot.de/2013/09/the-building-behind-woolworth-building.html



Dort auf dem einst leeren Grundstück wird inzwischen fleißig gebaut, es entsteht ein weiterer Wolkenkratzer, der den Namen 30 Park Place trägt.



photos taken by Michal Juroska in 2015


Und so soll das Teil mal aussehen, wenn es fertig ist:



Die Webseite von 30 Park Place: http://www.thirtyparkplace.com/
Die Wiki-Seite: http://en.wikipedia.org/wiki/30_Park_Place




Letzte Station auf der Reise durch Lower Manhattan ist das Park Row Building am City Hall Park. Der Wolkenkratzerklassiker von 1899, das älteste noch erhaltene "Höchste Gebäude der Welt" in New York, wird ebenfalls gerade renoviert.


photos taken by Michal Juroska in 2015

Und mit diesen wunderbaren Brücken zwischen dem Lower Manhattan der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft endet die 36. Folge der Lower Manhattan Saga. Vielen Dank fürs Einschalten.

Die übrigen Folgen und ähnliche Beiträge findest Du, wenn Du diesem Link folgst:
http://nygeschichterucksack.blogspot.de/2012/02/lower-manhattan-journey-through-time.html



Article 1

South Street and Brooklyn Bridge (1901)

New York Birdseye View 1880 Mystery - Part 1

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In der letzten Folge Nummer 36 der Lower Manhattan Saga hatte ich ein aus der Vogelperspektive erstelltes Panoramabild von Manhattan vorgestellt, das die Stadt zu Beginn der 1880er zeigen soll.


Auf diesem Bild gab es einige Gebäude, die ich nicht zuordnen konnte und die ich mangels eigener Zeit als Rätsel in die Leserrunde gegeben hatte. Leser Ken hat mir einige Vorschläge geschickt und die will ich jetzt mal ausprobieren. 

Gebäude Nummer 1 habe ich an der Whitehall Street vermutet: 



Ken schlägt hier folgendes vor: U.S. Army Building (Kemble Building), 39 Whitehall Street. 

Sollte das Luftbild wirklich das New York des Jahres 1880 abbilden wie angegeben, dann haben wir glücklicherweise einen Stadtatlas verfügbar, die in zeitlicher Nähe entstanden ist, nämlich den von Bromley aus dem Jahr 1879. Und dort ist ein Kemble Store House an der White Hall Street eingezeichnet.





Allerdings scheint mir das Kemble Store House an der Hausnummer 75 White Hall Street zu liegen, wobei ich die Hausnummern an die ser Straße recht chaotisch finde, wenn es denn tatsächlich Hausnummern sind, die dort im 90-Grad-Winkel zum Straßenverlauf an den Grundstücken notiert wurden. 

Aber noch etwas stimmt nicht, nämlich der Abstand des Gebäudes zum Wasser: 


Wir sehen, dass zwischen dem gesuchten Bauwerk und der Uferstraße (South Street) zwei Häuserblöcke liegen. Zwischen dem Kemble Store House und der South Street liegen aber vier Blöcke. 



Meine Wahl wäre daher die New York Produce Exchange, die auf dem dritten Straßenblock von der Uferlinie aus gezählt eingetragen ist: 



Dieses Gebäude hier sieht zwar nicht ganz so aus wie auf dem Luftbild, aber auch nicht total anders: 



Die Produce Exchange war zu Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs gegründet worden. Wesentlich bekannter als die frühe Niederlassung ist jenes monumentale Gebäude, in dem die Börse ab den 1880ern untergebracht war: 



Die alte New York Produce Exchange ist dagegen nicht sehr häufig in Bildern festgehalten worden, musste ich feststellen. Deswegen ist mir dieses Gebäude auch eher unbekannt gewesen. 

Hier eine gezeichnete Außenansicht, datiert auf das Jahr 1875: 



Eine weitere Außenansicht, auf 1877 datiert, aus dem Harper's Magazine. Hier kann man gut die massive Vernetzung der Gebäude durch Telegraphenleitungen sehen, im Financial District waren auch vor 140 Jahren schon schnelle Informationsflüsse von hoher Bedeutung. 



Aus der alten Produce Exchange dürften auch diese beiden Abbildungen (1875, 1876) stammen, die die Börse von innen zeigen und das muntere Handeln darin: 





Zum Abschluss von ein Beitrag von Christopher Gray in der New York Times über die Geschichte der Produce Exchange: 




So hunderprozentig stellt mich das Suchergebnis nicht zufrieden, weil die tatsächliche New York Produce Exchange und das Gebäude hier sich nur bedingt ähnlich sehen. Allerdings fällt mir auch keine andere Erklärung ein. 

Vom Kemble Building an der Ecke Whitehall Street / Bridge Street gibt es übrigens auch eine Aufnahme aus dem Jahr 1914, allerdings handelt es sich dabei vermutlich um eine spätere Version des Gebäudes und nicht um die, die dort 1879 in der Karte verzeichnet wurde: 



Denn auf dem Luftbild ist zwei Blöcke links vom gesuchten Objekt kein achtstöckiges Gebäude zu erkennen: 




Gehen wir mal weiter zum nächsten Suchobjekt. Beziehungsweise zu den nächsten zwei Suchobjekten. An der Wall Street vermute ich Gebäude 2 und 3: 




Ken hat hierzu folgenden Vorschlag: Custom House, Wall Street 

Ich werde zunächst mal wieder in den Stadtatlas schauen, die richtige Seite müsste schon aufgeschlagen sein. Soweit man erkennen kann, ist das Custom House das einzige größere Gebäude an der Wall Street, das aufgrund seiner Größe und seiner Grundfläche heraussticht, also könnte der Lösungsvorschlag von Ken durchaus zutreffen. 




Der Begriff Custom House ist auf interessante Weise mit der Geschichte von Südmanhattan verknüpft, musste ich bei der Bildersuche feststellen. 

Das ursprüngliche Zoll-Haus stand im Süden von Manhattan etwa dort, wo einst das Fort Amsterdam seinen Standort hatte, wenn auch nur für ein paar Jahrzehnte, nämlich von 1788 bis 1815.



Danach wechselte es wohl in ein Gebäude an der Wall Street, das man auf dem nachfolgenden Bild rechts an der Mündung der Nassau Street in die Wall Street erkennen kann: 

Custom House, Wall Street 1830, from the collection of the museum of the city of New York


Diese Straßenansicht zeigt die Wall Street im Jahr 1835, bevor das große Feuer ausbrach und große Teile der damaligen Gebäude zerstörte. Von Bedeutung ist hier zum einen das große Gebäude an der Südseite (oben), auf das wir später zurückkommen und das Costum House an der Nordseite (unten), die ich beide markiert habe: 

Wall Street street view, ca 1835, from the collection of the museum of the city of New York


Auf diesem Eckgrundstück Nassau Street / Broadway wurde 1842 ein Neubau für das Custom House errichtet, der sicherlich dem einen oder anderem bekannt vorkommt. 

Custom House, 1845, from the collection of the museum of the city of New York


Dieser Klassiker steht bis heute an dieser Stelle, trägt inzwischen den Namen "Federal Hall" und auf seiner großzügigen Treppe hat vermutlich jeder New York-Tourist schon mal irgendwann Platz genommen, um sich ein wenig auszuruhen und von leicht erhöhter Position aus das geschäftige Treiben in der Wall Street und der direkt gegenüber liegenden Broad Street mit der Wertpapierbörse zu studieren. 

Custom House, 1850, from the collection of the museum of the city of New York


Jetzt komme ich wieder auf die Straßenansicht oben zurück. Einst stand im frühen 19. Jahrhundert an der Südseite der Wall Street das stolze Gebäude der Merchant's Exchange. 

Merchants Exchange Wall Street, 1830, from the collection of the museum of the city of New York


Dann kam der Großbrand von 1835 und das Gebäude wurde - wie viele andere Häuser in der Umgebung - zerstört. 

Great Fire of 1835, from the collection of the museum of the city of New York


Ruins of the Merchants Exchange, 1835, from the collection of the museum of the city of New York


Man kennt die New Yorker. Es war klar, dass die Merchant's Exchange nach dem Brand wieder neu errichtet wurde und das selbstverständlich größer, höher und prachtvoller als zuvor. Das erste Bild ist insofern interessant, als das es (neben dem Luftbild von 1880) als einziges die große Kuppel zeigt, die das Gebäude geziert hat. Wegen der Enge der Wall Street dürfte die Kuppe auf Abbildungen, die vom Bürgersteigniveau aus entstanden sind, nicht zu sehen sein.

Merchants Exchange New York 1848, from the collection of the museum of the city of New York


Merchants Exchange, 1850, from the collection of the museum of the city of New York


Custom House und (Merchant') Exchange auf einer Karte von 1852: 



Während des Amerikanischen Bürgerkriegs zog das Custom House von seiner Niederlassung in dem griechischen Tempel an der Nassau Street die Wall Street hinunter gen Osten in das größere Gebäude an der William Street um (1862-63).

Hier sehen wir zwei Aufnahmen des Custom House, die in den 1880ern entstanden sind: 

Custom House, ca 1885, from the collection of the museum of the city of New York


 Wall Street west from Custom House, ca 1887, from the collection of the museum of the city of New York


Ich bin geneigt, auch diese Aufnahme in den zeitlichen Kontext der letzten beiden Photographien einzusortieren, 1915 kommt mir als Enstehungszeit eher spanisch vor. 

Merchants Exchange, ca 1915, from the collection of the museum of the city of New York


Gegenüber den Abbildungen aus den 1850ern fällt mir auf, dass das Gebäude oben auf dem Dach noch ein zusätzliches Stockwerk erhalten hat. 

Drei weitere Photographien folgen, entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts: 

NY Custom House, 1902, from the collection of the museum of the city of New York



Custom House and Wall Street, looking west, 1903, from the collection of the museum of the city of New York



Custom House - 55 Wall Street, ca 1870-1910, from the collection of the museum of the city of New York


Die Kuppel in der Mitte des Gebäudes scheint dieser Zeichnung nach nicht so markant ausgefallen zu sein, wie ursprünglich geplant, sie ist eher flach: 

National City Bank - 55 WAll Street, Rendered section trough dome, 1907-1910, from the collection of the museum of the city of New York


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts traten dann zwei Änderungen ein. Zum einen verließ das Custom House das Gebäude 1907 wieder, um in einen Neubau am Bowling Green Park umzuzuziehen. Zum anderen wurde - ich vermute mal auf Veranlassung der neuen Besitzer - nochmal kräftig aufgestockt: 

55 Wall Street, ca 1895, from the collection of the museum of the city of New York


55 Wall Street, ca 1900, from the collection of the museum of the city of New York


Auf dieser Karte von 1911 sehen wir als neuen Bewohner die "National City Bank" eingetragen:





Dieses Gebäude an der Hausnummer 55 Wall Street ist bis heute erhalten geblieben. 

First National City Bank Building 55 Wall Street, 1970-1990, from the collection of the museum of the city of New York





Von oben kann man sogar erkennen, dass die Kuppel noch da ist, wenn auch weitestgehend versteckt in einem Schacht, der Folge der Aufstockung ist. 



google maps - google earth


Eigentlich wäre hier Ende, aber wir folgen noch kurz der weiteren Geschichte des Custom House. Das war - wie oben erwähnt - 1907 hinüber zum Bowling Green Park gezogen. 

Wiki United States Custom House: 


Custom House looking south from 26 Broadway, ca 1911, from the collection of the museum of the city of New York


Whitehall Street, Customs House and Bowling Green, ca 1920, from the collection of the museum of the city of New York


U.S. Customs House, 1908, from the collection of the museum of the city of New York


Und eine Beziehung zum ersten Suchobjekt gibt es auch, das neue Custom House entstand nämlich in unmittelbarer Nachbarschaft zur neuen Produce Exchange: 

U.S. Customs House, ca 1920, from the collection of the museum of the city of New York


Im Gegensatz zur Produce Exchange ist das Gebäude des Custom Houses bis heute stehen geblieben: 



Der Zoll hat dieses Gebäude bereits in der Mitte der 1970er verlassen, um in einen nahegelegenen Neubau umzuziehen, in dem das Custom House bis September 2001 seine Büros unterhielt. 



Da die Auswertung des 1880er-Birdseye-Mystery jetzt doch wieder ausführlicher ausgefallen ist als eigentlich geplant, füge ich hier eine Unterbrechung ein und werde in Kürze weiter fortsetzen. 

- FORTSETZUNG FOLGT - 



The Daily Times

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Auf der Facebook-Seite "The Old New York Page" wurde diese faszinierende alte Photographie veröffentlicht, die aus der Sammlung der New York Historical Society stammt. 

Der Autor dort meinte, dass es sich um eine sehr alte Photographie handelt, mutmaßte mindestens eine vor-1880er-Aufnahme. 

Ich bin geneigt, mich einigen Kommentaren anzuschließen, die die Aufnahme bis in die 1850er zurückdatieren wollen. 

Ich konnte mich nämlich erinnern, dass ich über dieses Gebäude schon mal im Zusammenhang mit meinem Projekt über das World Building geschrieben habe. Es handelt sich um die zweite Niederlassung der New York Times, den Ort, in dem die bekannte Zeitung von 1854 bis 1858 residierte.  Anfangs nannte sie sich noch "New York Daily Times", die Kürzung auf "New York Times" erfolgte 1857.



Die passende Wikis: 


Ich schaue mal nach, ob ich das Gebäude auch im Kartenwerk von 1857 entdecken kann. 




Ja, aber leider nicht genannt. Zur Entstehungszeit der Karte war die 1851 gegründete Times wohl noch ein Newcomer unter den New Yorker Zeitungen und wahrscheinlich noch vergleichsweise geringbedeutend. 



Diese Karte beantwortet vermutlich auch eine noch offene Frage, die sich jeder stellt, der das Foto betrachtet: 



Was ist das eigentlich für ein Trümmerfeld, das man da im Vordergrund sieht, vor allem die Ruine links im Bild?



Ich behaupte, dass das die Überreste des Park Hotels sind, das gegenüber des Gebäudes der New York Daily Times stand und das zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade abgerissen wurde. Ohne den Abriss wäre die Aufnahme dank der engen Bebauung an der Beekman Street wohl kaum möglich gewesen. 

Wegen des Abrisses und der späteren Neubebauung ist die Perspektive im Google Street View kaum nachzuahmen. Aber ich kann zumindest die Straßenfront präsentieren, die man auf der Photographie sieht, wenn auch aus einem etwas anderen Blickwinkel. Zwischen den beiden Aufnahmen liegen ungefähr 160 Jahre.



google street view




22 West 34th Street

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ScoutingNY hat einen interessanten Beitrag über ein merkwürdig ausschauendes Gebäude veröffentlicht, das man an der 34th Street quasi hinter dem Empire State Building findet. Ich glaube, ich bin selber auch schon einige Male an diesem Haus vorbeigestapft, ohne das es mir aufgefallen wäre. 



from the collection of the museum of the city of New York


Für alle Nicht-New-Yorker will ich noch schnell zeigen, wo man das Bauwerk findet.

Also, nächst zum Herald Square hinauffahren und an der 34th Street vor Macy's hinstellen. 

google maps


Dann um 180 Grad drehen und noch Osten blicken. Im Vordergrund rechts sehen wir das Hotel McAlpin, dahinter das Empire State Building. 



Dann in Richtung 5th Avenue durch 34th Street auf das Empire State Building zugehen. 



Und schon taucht 22 West 34th Street als direkter Nachbar des Empire State Buildings auf. 







oldnyc.org

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Für Fans von New York City und vom historischen New York City ist ja schon eine Vielzahl an Kartenmaterial und Tools verfügbar, von dem ich bereits einiges hier vorgestellt und verlinkt habe. Auf eine weitere Seite haben mich direkt zwei Leser aufmerksam gemacht, einmal Arnie Merriam und einmal Ken: 



Dabei handelt es sich um eine Anwendung, die durch die NYPL, die öffentliche Bibliothek von New York, zur Verfügung gestellt wird und die das umfangreiche Material aus der Bildersammlung konkreten Orten in New York zuordnet. 

Ich schaue mir mal probeweise die Kreuzung von New Street und Beaver Street an: 



Dann öffnet sich diese Seite mit einem passenden Foto und weiteren Vorschlägen:



Nach dem Besuch ist der Ort dann blau gekennzeichnet: 



Etwas weiter nördlich mache ich einen neuen Versuch. Es fällt auf, dass es schwächer rote (wie den gerade besuchten) und stärker rote Punkte gibt. Ich probiere mal den stärker roten Punkt an der Kreuzung 33rd Street / 5th Avenue aus, also dort, wo einst das Waldorf-Astoria stand und heute das Empire State Building zu finden ist: 



Aha, hier bekommt man direkt einen ganzen Bilderkatalog angeboten: 






Auch aus den übrigen Boroughs sind Bilder über die Karte verfügbar, so wie hier aus Queens an der Kreuzung 21st Street / 40th Avenue: 




Oder die Kreuzung East 204th Street / Webster Avenue in der Bronx: 




Oder auf Staten Island die Kreuzung Kemball Avenue / Westcott Boulevard:




Oder schließlich im Süden von Brooklyn am Übergang zu Coney Island: 





Herauszoomen geht auch, der blaue Punkt bleibt dann gut sichtbar stehen. Wie zu erwarten war, befindet sich die höchste Foto-Dichte in Manhattan: 




Viel Spaß beim Selber-Erforschen der Karte. 




New York Birdseye View 1880 Mystery - Part 2

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n der letzten Folge Nummer 36 der Lower Manhattan Saga hatte ich ein aus der Vogelperspektive erstelltes Panoramabild von Manhattan vorgestellt, das die Stadt zu Beginn der 1880er zeigen soll.


Auf diesem Bild gab es einige Gebäude, die ich nicht zuordnen konnte und die ich mangels eigener Zeit als Rätsel in die Leserrunde gegeben hatte. Leser Ken hat mir einige Vorschläge geschickt und die habe ich am letzten Wochenende begonnen auszuprobieren. 

Zwei der aufgeführten Gebäude konnten bereits aufgeklärt werden, nun folgen die nächsten. 



Beim letzten Mal hatten wir uns bereits mit dem Gebäude mit der Kuppel auf dem Dach beschäftigt und konnten dieses als das "Custom House" identifizieren. Unklärt ist dagegen noch die Identität des Gebäudes schräg dahinter, für dieses habe ich auch keinen Vorschlag von Ken erhalten. 

Ich ziehe als erstes mal wieder den 1879er-Stadtatlas von Bromley, der aufgrund der zeitlichen Nähe am ehesten die Situation zu Beginn der 1880er darstellen sollte, als dieses Luftbild entstanden sein mag. 




Schwierig, das aufgrund der Perspektive genau zu sagen. Also, die drei Banken gegenüber des "Custom House" auf der anderen Seite der Wall Street werden es wohl nicht sein. Die "Bank of New York", die "Germania Bank" und die "City Bank" dürften auf dem Luftbild eher links vom Custom House oder im verdeckten Bereich zu suchen sein.

Eigentlich wäre ich geneigt, die "Seamen's Saving Bank" hinter dem unbekannten Gebäude zu vermuten, aber vom Gefühl her liegt das gesuchte Gebäude nicht ganz so weit östlich auf der Karte, sondern in dem Bereich, in dem keine genauen Hinweise auf die eingezeichneten Gebäude hinterlassen sind. 

Auf dieser Karte von 1881 ist das Ergebnis auch nicht anders: 



Und auf dieser 1885er-Karte ebenfalls, da sind zwar mehr Gebäude eingezeichnet, aber nicht mehr Namens-Benennungen. 



Eigentlich schon zu spät, aber spaßeshalber habe ich auch nochmal den 1891er-Atlas angetestet, aber auch der hilft hier nicht weiter bei der Problemlösung, wie man sieht: 



Also schauen wir mal, ob es Bilder von der "Seamen's Savings Bank" an der Ecke Wall Street / Pearl Street gibt, die uns verraten, ob das gesuchte Gebäude wirklich die "Seeleute-Spar-Bank" (oder wie übersetzt man das?) ist. 



Dieses Gebäude, von dem ich auch nicht weiß, wo es genau stand, wurde 1871 gezeichnet. "New York Seamen's Exchange Building" würde ich so verstehen, dass in diesem Gebäude eintreffende Seeleute ihr Geld möglicherweise in Dollars umtauschen konnten, weniger als eine Börse, wofür der Begriff "Exchange" normalerweise steht. Außerdem sieht man über der Tür noch die Aufschrift "Sailor's Savings Bank". 

Ansonsten habe ich nur Innenansichten von der Seamen's Savings Bank an der Adresse 74 Wall Street gefunden, aber die helfen uns in diesem speziellen Fall nun gar nicht weiter. Also weite ich den Suchradius mal auf "Pearl Street" und "Wall Street" aus. 

Zunächst gehe ich mal in der Sammlung der NYPL Digital Collections stöbern.

Hier sehen wir die Wall Street aufgenommen zwischen den Jahren 1872 und 1880 auf Höhe der Pearl Street: 




Es wäre denkbar, dass Gebäude ganz rechts das gesuchte Haus sein könnte, es ist aber genauso gut möglich, dass es nicht auf dieser Photographie zu sehen ist. Das hilft uns nicht weiter. 




Wir schlagen einen gewaltigen Haken und landen achronologisch im Jahr 1928. Dort entstand diese Aufnahme an der Wall Street, die im Vordergrund die Südwestecke (links) und Nordwestecke (rechts, suchen wir!) der Kreuzung Wall Street / Pearl Street zeigt. 




Die Seaman's Savings Bank scheint also nicht mehr an der Nordwestecke der Kreuzung zu stehen. Links im Vordergrund sieht man übrigens den oberen Teil des aufgestockten Custom House, mit dem wir uns im ersten Teil beschäftigt haben, zu dieser Zeit die "National City Bank". 

Die Frage, was aus der Seaman's Savings Bank wurde, beantwortet das nächste Foto, entstanden 1929: 




Auch wenn die Bildbeschreibung die Nordostecke nennt, so kann das meiner Meinung nach mit Blick auf die Hochbahntrasse entlang der Pearl Street nur die Südostecke der Kreuzung sein, photographiert von der dem Gebäude aus, das wir gerade auf der letzten Aufnahme rechts außen gesehen haben. Der handschriftliche Vermerk "This is the new building of the Seaman's Bank for Savings" - "dies ist das neue Gebäude der Sparbank für Seeleute" verrät in einer ähnlich üblen Handschrift wie meiner eigenen, wo die Bank für Seeleute hin verschwunden ist, nämlich auf die schräg gegenüberliegende Straßenseite. 

Kleiner Flickflack über die Hochbahn zurück ins Jahr 1925 und zurück auf die Nordwestecke, wo wir endlich das Gebäude der Seamen's Savings Bank erblicken: 




Die Bildbeschreibung verrät leider nicht, welches Gebäude wir hier sehen, deshalb hat auch die Suche mit dem Namen der Bank nichts gebracht. Aber freundlicherweise hat jemand ein informatives Schild an die Fassade gehängt, das mit abphotographiert wurde: 



Aber ist das jenes Gebäude, dass man auf dem Luftbild schräg hinter dem Custom House sieht?




Vielleicht ja, vielleicht nein, je nachdem, was mit dem Dach passiert ist und ob da vielleicht noch ein Stockwerk draufgesetzt wurde. Hmmmm. Schauen wir mal in der Sammlung des MCNY:


Eine weitere ähnliche Aufnahme der SSB, vage datiert auf das Jahr 1900: 



Wow! Eine Aufnahme des Custum House / Merchant Exchange von 1855, die ist mir in der letzten Woche irgendwie nicht in die Hände gefallen, deshalb reiche ich die heute nochmal nach, eine sehr alte Photographie aus New York. 




Diese Aufnahme von 1867 zeigt meiner Meinung nach jenen Abschnitt der Straße, der beim Luftbild links vom Custom House zu sehen ist, auch wenn die griechischen Tempel wieder etwas anders aussehen. Ich habe langsam den Eindruck, dass es der Luftbildzeichner ein wenig mit den Augen hatte. 





Der Tempel ist auch nicht das Federal Hall Building, das liegt etwas weiter links, wenn man zurückzoomt.



Hier haben wir eine weitere großartige historische Aufnahme, die mir letzte Woche entgangen und die leider nicht genau datiert ist. Aufgenommen vom Turm der Trinity Church die Wall Street hinunter, irgendwann im 19. Jahrhundert.



In der Mitte rechts ist das verkuppelte Custom House großartig eingefangen...



...aber links suchen wir weiterhin vergeblich nach einem hervorstechenden Gebäude mit einer Art Walmdach. 




Und dann bin ich in der Sammlung des MCNY auf Straßenansichten der Wall Street gestoßen, die auf ca. 1880 datiert wurden, also jenes Zeitfenster, das wir hier brauchen. Es deckt die östlichen 9 Gebäude an der Nordseite der Wall Street auf dem Block zwischen Williams Street und Pearl Street ab.





Da kann man sich jetzt auf den Kopf stellen oder nicht, aber mangels Alternativen bleibt eigentlich nur der Rückschluss, dass das gesuchte Gebäude wirklich die "Seaman's Savings Bank" ist, auch wenn das Dach wieder mal nicht ganz so aussieht wie auf dem Luftbild. Das das Gebäude wirklich an der Ecke Pearl Street / Wall Street steht, lässt sich daran verifizieren, dass der Zeichner freundlicherweise auch die Hochbahntrasse der 3rd Avenue El eingezeichnet hat, die hier seit 1878 vorbeiführt. 




Der Vollständigkeit halber möchte ich auch noch den nördlichen Teil des Blocks zwischen Williams Street und Pearl Street zeigen. 





Hier sollte den Leser mit dem Nickname pazuzu002 ganz besonders das mittlere Gebäude in dieser Dreierkombination interessieren, denn das dürfte die Niederlassung der "Germania Bank" gewesen sein. 



Vollständigkeit halber, zweiter Teil. Natürlich gibt es östlich von der Pearl Street noch mehr Platz für potentielle Anwärter auf das gesuchte Gebäude. Hier der Street View von der Pearl Street bis zur Front Street: 




Allein, hervorstechende Dacherscheinungen, wie gesucht, findet man in diesem Abschnitt nicht. Und auch auf dem letzten Abschnitt von der Front Street bis hinunter zum Fähranleger auf dem East River findet sich nichts passendes. 




Es bleibt also dabei, solange bis ggf. etwas anderes bewiesen wird. Das gesuchte Gebäude Nummer 3 könnte die Seaman's Savings Bank gewesen sein. 


Weiter geht es mit dem gesuchten Gebäude Nummer 4, das sich hinter der Federal Hall, früher U.S. Treasury, in nördliche Richtung die Nassau Street hinauf anschließt. 



Kens Vorschlag war hier: Fourth National Bank, Pine Street.


Der Bromley Stadtatlas von 1879 bestätigt Kens Vorschlag, dort ist an der gesuchten Stelle an der Nassau Street zwischen Pine Street im Süden und Cedar Street im Norden wirklich die "4th National Bank" eingezeichnet: 




Dieses Mal ging es zur Abwechslung mal einfach, denn direkt das erste Bild passt, eine Aufnahme von Irving Underhill aus dem Jahr 1913: 



Und hier muss man zum Glück auch mal keine Klimmzüge machen, um eine Deckungsgleichheit mit dem Luftbild feststellen zu können: 



Mit den Suchbegriffen Nassau und Wall landet das Gebäude dann eher im Hintergrund.





Heute ist auf dem Grundstück hinter der Federal Hall ein modernes Hochhaus untergebracht. Wann das Fourth National Bank Building weichen musste, das habe ich jetzt nicht mehr nachvollzogen.


google street view


Was sich hinter den letzten beiden gesuchten Gebäuden versteckt, das spare ich mal für einen dritten Teil auf. Bis dahin.


- FORTSETZUNG FOLGT -


Demolition of the Gillender Dome

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Zu einem meiner absoluten Lieblinge unter den Lost Buildings bin ich schon seit längerem nicht mehr zurückgekehrt, heute habe ich aber mal einen guten Grund. Es geht hier um das Gillender Building, einem New Yorker Wolkenkratzer der ersten Generation, der für ca. 13 Jahre von 1897 bis 1910 an der "Kreuzung" Wall Street - Broad Street - Nassau Street stand .



Wer die ganze Geschichte nachlesen möchte, kann dieses zum Beispiel hier auf der sehr gut ausgestatteten englischsprachigen Wikipedia-Seite tun: 



Ich will nur ein paar kurze Ausschnitte aus dem kurzen Leben des Wolkenkratzers zeigen, bevor ich zum Kern des Beitrags vorstoße. Dieses Photo ist vermutlich beim Bau 1896/97 entstanden, nicht beim Abriss des Gebäudes 1910.

Looking east on Wall Street toward Trinity Church, ca 1900, from the collection of the museum of the city of New York


Wall Street, looking toward Broadway, ca 1908, from the collection of the museum of the city of New York


1903 bekam das Gillender Building im Norden einen neuen und größeren Nachbarn, das Hanover Bank Building: 

Wall Street corner Nassau Street, Gillender Building, ca 1905, from the collection of the museum of the city of New York



Nassau Street, north from Wall Street, 1904, from the collection of the museum of the city of New York


Das Hanover Bank Building ist dann auch die Ausgangsplattform für die Entstehung des nachfolgenden Photos, das am 28. April 1910 aufgenommen wurde, das aus der Sammlung der NYPL Digital Gallery stammt und das wir bisher nur in dieser geringen Größe und Auflösung kannten: 




Zuerst mal muss ich dem Kommentor widersprechen, der die Bildbeschreibung verfasst hat. Der Standort des Photographen war meiner Meinung nach nicht auf dem Schermerhorn Building am Broadway, sondern auf dem benachbarten Hanover Bank Building, und der Blick geht auch nicht nach Südosten, sondern nach Südwesten, denn im Hintergrund erkennt man rechts neben der Kuppel das Manhattan Life Insurance Building nach der Erweiterung und links eine der Zwillingskuppeln vom Commercial Cable Building. 

Dieses 1910 entstandene Photo könnte dabei helfen, die Entstehung der Aufnahme nachzuvollziehen: 

Wall Street und Nassau Street, 1910, from the collection of the museum of the city of New York


Der Photograph scheint in etwa auf Höhe mit dem Teil der Gebäudespitze zu sein, der die Kuppel trägt. Da drängt sich förmlich dieser Balkon als Standort auf:






Jetzt nehme ich nochmal die Karte von 1902. Wenn man vom Schermerhorn Building in südöstliche Richtung zum Gillender Building hinfotografiert, kann man normalerweise nicht gleichzeitig das Manhattan Life Insurance Building und das Commercial Cable Building einfangen, die aber auf dem Foto zu erkennen sind: 




Deshalb meine ich, ist die Aufnahme wie folgt vom 1902 noch nicht eingezeichneten Hanover Bank Building aus entstanden: 




Und nach dem ganzen Geschwafel und der unvermeidlichen Klugscheißerei kommen wir jetzt endlich beim Kern des Beitrags an. 

Erfreulicherweise hat die New York Public Library bei der Umstellung von der NYPL Digital Gallery auf die NYPL Digital Collections an uns Internetarchäologen gedacht. Und deshalb ist es heutzutage erlaubt, wenn es die Auflösung und Größe des Photos oder Bildes zulassen, tiefer in die Materie einzusteigen, als es lange Zeit möglich war. Und so eröffnen sich bei dem Bild, das im April 1910 zu Beginn der Abrissarbeiten am Gillender Building entstanden ist, ganz neue Welten. 



Das ist schon etwas Besonderes, wenn man in so ein Photo, das man bereits seit Jahren fasziniert betrachtet, aber an der Auflösung scheitert, plötzlich regelrecht hineinsteigen kann. Und einen kleinen Eindruck davon erhält, wie es damals auf der Spitze dieses lange verlorenen Wolkenkratzers ausgesehen hat. Machen wir eine kleine Zeitreise 105 Jahre zurück bis Ende April 1910:



Ein ordentliches Gebäude verfügt natürlich über eine Spitze, so auch das Gillender Building. Und in die ist mindestens zweimal der Blitz eingeschlagen, so wird es überliefert. Da es zu Anfangszeiten gegen Ende des 19. Jahrhunderts eines der höchsten Gebäude auf Manhattan war, vermute ich, dass der Blitz das Gebäude noch häufiger als zweimal in den 13 Jahren seiner Existenz getroffen hat. 



Unter der Spitze zähle ich sechs Personen. Fünf davon arbeiten gerade daran, die kleine Kuppel des Gebäudes zu entmanteln und einer, passenderweise mit Anzug und Melone, guckt dumm in der Gegend herum und genießt die Aussicht. Es scheint sich wenig geändert zu haben in den letzten 105 Jahren. 



Hier nochmal die ganze Kuppel. Bisher waren mir diese öllampenartigen Ornamente entgangen, die rund um die Kuppel platziert waren. 

In der Etage unter der Kuppel findet man eine Art Gallerie. Ich könnte mir vorstellen, dass die damals als Aussichtsplattform gedient haben könnte, denn einst verfügten die meisten Hochhäuser in New York über ein "Observation Deck". 



Das nennt man Arbeitsteilung: zwei schwingen die Vorschlaghämmer und zwei gucken und zeigen in der Gegend herum. Was mögen das für Teile sein, die jeweils links neben den beiden Herren am Fuß der Säulen angebracht sind? Kamine? Oder vielleicht Lampen, um die Gebäudespitze in der Dunkelheit zu illuminieren?



Eine Etage tiefer tauchen wieder die Öllampenornamente auf, allerdings scheinen vorne rechts nur noch die Ständer vorhanden zu sein, während die Ornamente bereits heruntergeschlagen wurden: 



Das setzt sich auf der übrigen Etage fort, nur noch Ständer, keine Öllampen mehr. 



Darunter erreichen wir noch nicht das reguläre Dach des Gebäudes, sondern wir sehen eine Art Sicherheitsplattform, die angebracht wurde, um herabfallende Trümmerteile, die beim Abriss der Gebäudespitze entstanden sind, aufzufangen (und vielleicht auch herabfallende Arbeiter).





Ebenfalls am 28. April 1910 wurde ein weiteres Photo vom Gillender Building aufgenommen vom schräg gegenüber liegenden Drexel Building aus. Dabei handelt es sich um ein Bild aus der Fotoserie, mit der der Abriss des Gillender Buildings phasenweise dokumentiert wurde. Anstelle des Ausschnitts mit der Gebäudespitze sehen wir hier den ganzen Turm:

Gillender Bldg, Wall and Nassau, 28th April 1910, from the collection of the museum of the city of New York 


Aus diesem Blickwinkel sieht die Entmantelung der Turmspitze schon ganz anders aus. Ich meine, aber zumindest einen Arbeiter erkennen zu können, der gerade auf dem oberen Teil der Kuppel herumturnt. 




Bei einem etwas zurückgedrehten Zoom erkennt man einerseits die zahlreichen "Sicherheitsplattformen" und "-gerüste", die an der Turmspitze angebracht sind, andererseits aber auch den nahegelegenen Balkon am Nachbarhaus, auf dem vermutlich der Photograph des Ausgangsphotos stand. 



Das angrenzende Stevens Building, in dessen zum Osten hin L-förmigen Grundriss das Gillender Building eingebettet war, ist noch intakt. 



Diese Ornamente am vierten Stockwerk sind mir bisher noch nicht näher aufgefallen. Darunter sieht man die Schuttrutschen, die durch die Aufzugsschächte verlegt waren und die Trümmer vom Abriss durch das Gebäude in die davor abgestellten Container lenkten. Das Halbrund unten rechts befand sich über dem Gebäudeeingang. 




Der untere Gebäudeabschnitt ist zu diesem Zeitpunkt bereits von einem ausgedehnten Gerüstbau mit Dach verdeckt, das die Bürgersteige rund um das Gebäude vor herabfallenden Gebäudeteilen schützt. Ob diese Konstruktion heute noch abgenommen würde, ist eine andere Frage, aber der gute Wille kann erkannt werden. Es sieht aber auch so aus, als ob, diese Konstruktion sich noch im Bau befindet und die Arbeiten daran noch nicht abgeschlossen sind.



Leider habe ich die übrigen Bilder aus der Serie von Irving Underhill nicht in einer entsprechend großen Auflösung gefunden. Auch wenn ich die hier schon mehr als einmal präsentiert habe, halte ich die Dokumentation vom ultralangsamen Ende des Wolkenkratzerpioniers über einen Zeitraum von ca. sechs Wochen für so faszinierend, dass auch ein weiteres Mal gut zu ertragen ist. Die Bilder stammen von der Seite skyscraper.org.

12. April 1910


28. April 1910


02. Mai 1910


05. Mai 1910


09. Mai 1910


12. Mai 1910


16. Mai 1910


19. Mai 1910


23. Mai 1910


26. Mai 1910


31. Mai 1910


02. Juni 1910


06. Juni 1910


13. Juni 1910


17. Juni 1910


Und am Ende der Schlacht ist nicht nur das Gillender Building, sondern auch das angrenzende Stevens Building verschwunden, um Platz für einen neuen Giganten zu schaffen, der ab Juli 1910 an dieser Stelle gebaut wurde und bis heute dort steht. 

März 1911


April 1911


Mai 1911


Juni 1911


Juli 1911


September 1911


Und fertig ist der Nachfolger vom Gillender Building, das Bankers Trust Building:

1912


Bevor ich den Beitrag hier abschließe, möchte ich nochmal kurz auf das Ausgangsfoto zurückkommen und eine weitere Entdeckung preisgeben: 



Im Hintergrund rechts sieht man ja das Manhattan Life Insurance Building in der Version nach dem Umbau Anfang des 20. Jahrhunderts, bei dem die ursprünglich ebenfalls runde Kuppel oval in die Länge gezogen wurde.



Was mir bisher noch nicht bei Photos von der zweiten Version des MLIB aufgefallen war, ist der Umstand, dass die später entfernte Krone auf der Kuppel möglicherweise eine Aussichtsplattform war. Das, was man hier sieht, könnte ein Umlauf sein, der einen 360-Grad-Rundblick über das südliche Manhattan vom einst höchsten Gebäude der Welt ermöglichte. Darunter könnte (könnte!) eine Indoorplattform gelegen haben, bei der die Besucher durch die bullaugenartigen Fenster auf Manhattan herunterblicken konnten. Wie gesagt, das sind Vermutungen, es geht ja so die Mähr, das die alten Wolkenkratzer alle Aussichtsplattformen hatten. Ob es tatsächlich ein Observation Deck auf dem Manhattan Life Insurance Building gab, ist ungewiss. 



Miss Rockaway

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Wenn man das hier so sieht, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass die New Yorker eine kleine Schwäche für überdimensional große Damen haben. "Miss Rockaway", die hier in den frühen 1920ern den Main Boardwalk im Thompson Park auf der Halbinsel Rockaway Beach ganz unten im Süden von Queens unsicher machte, habe ich auf der Facebook-Seite "The Old New York Page" entdeckt. 



Hier sehen wir eine weitere Aufnahme von Miss Rockaway vom Mai 1923, nachdem sie von den Arbeitern gerade wieder für die neue Vergnügungspark-Saison schön gemacht worden war. 

Stevie S. Stevens Collection - http://rockawaymemories.com/MissRockaway.htm


Was man auf der Aufnahme jetzt nicht so sehen kann ist, dass die Dame nicht einfach nur da lag, sondern ihren Kopf nach rechts und links bewegen konnte, ebenso konnten die Augen in alle möglichen Richtungen blicken und gelegentlich zwinkerte die Miss auch den vorbeilaufenden Herren zu. Hinter der schönen Fassade versteckte sich also auch noch ein technisches Wunderwerk. Für einen Dime konnte der interessierte Besucher sich auch durch das Innere der Dame führen lassen. 


Wenn ich den Text auf rockawaymemories richtig verstanden habe, dann ist dieses Bauwerk schon in der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts im 20. Jahrhundert, also den 1900ern entstanden und hat bis in die 1930er hinein Tausende von Besuchern angezogen und mit ihrem Anblick erfreut. Modell gestanden haben soll gerüchteweise die Gewinnern eines Schönheitswettbewerbs. 


Der Vergnügungspark wurde im Jahr 1902 eröffnet und existierte 80 Jahre lang. Ob er seit Beginn schon "Thompson's Amusement Park" genannt wurde, konnte ich nicht nachvollziehen. Aber nach seinem Verkauf im Jahr 1928 erfolgte die Umbenennung in "Rockaway Playland", den Namen, den er dann bis zum Ende 1982 trug. Als Grund für die Schließung des Parks werden die immer höheren Versicherungsbeiträge genannt, die dazu führten, dass der Park nicht mehr gewinnbringend betrieben werden konnte. 

Rockaways Playland befand sich im östlichen Drittel der Halbinsel:

google maps


Der Standort an der Beach 98th Street  in dem Küstenort Seaside war gar nicht so unschlau gewählt, denn nicht allzu weit davon kamen die Züge an, die von Queens aus quer über die Jamaica Bay nach Rockaway Beach fuhren. Und mit den Zügen potentielle Besucher, vor allem für Tages- oder Wochenendausflüge, ähnlich funktionierten ja auch die Vergnügungsparks auf Coney Island. 



Im Norden grenzte der Thompson's Amusement Park an den "Rockaway Beach Boulevard", als Mittelachse diente der südliche Teil der "Beach 98th Street" und die südliche Begrenzung war der Boardwalk, die Flaniermeile am Ufer:



Da Miss Rockaway in den 1920ern noch präsent war, muss sie auch auf dem New Yorker Luftbild von 1924 auszumachen sein. Nur wo? 


Eine gute Orientierungsmöglichkeiten bieten die zwei Achterbahnen auf dem Gelände, denn eine der beiden befindet sich auch auf dem Ausgangsfoto im Hintergrund: 



Mein Fehler war der, dass ich Madam zunächst verzweifelt versucht habe, entlang der Beach 98th Street auszumachen, ohne Erfolg natürlich. Mit Blick auf die Schleife der Achterbahn im Hintergrund und auf den Verlauf des Fußgängerwegs vor der Attraktion konnte das aber auch nicht passen. Tatsächlich ist das Foto nicht direkt an der Beach 98th Street aufgenommen, sondern etwas versetzt dazu auf dem Gelände des Vergnügungspark. 



Und somit lässt sich die Position von Miss Rockaway in der Luftaufnahme von 1924 ziemlich präzise ausmachen. Ohne Anspruch auf Richtigkeit würde ich Madam hier sehen: 





In der zweiten Hälfte der 1930er war dann Schluss mit lustig in diesem Teil des Vergnügungsparks. Der lange Arm des berühmt-berüchtigten Stadtplaners Robert Moses griff bis hinaus nach Rockaway Beach. Also dort entlang der Uferlinie der "Shore Front Parkway" gebaut wurde, musste der südliche Teil des Vergnügungsparks weichen und mit ihm auch Miss Rockaway, die knapp 30 Jahre lang vor allem die männlichen Besucher bezirzt hatte. Auch dieser Schnitt lässt sich mit den Luftbildern bei NYCityMap gut nachvollziehen. 




Sogar die Achterbahn wurde verkürzt oder vermutlich eher neugebaut, denn jetzt musste sie auf mindestens ein Drittel ihrer bisherigen Aufstellfläche verzichten. Die zweite Achterbahn im Westen ist 1951 ganz verschwunden. 

Ich spiele nochmal weiter mit den Luftansichten. 1996 ist von den 1951 noch dichten Besiedlung und Bebauung nichts mehr übrig. 14 Jahre nach Schließung des Vergnügungsparks ist der Anblick vor allem durch Ödland und Betonversiegelung geprägt . 



Zehn Jahre später sieht es aber schon wieder ganz anders aus. Auf dem verödeten Straßenblöcken wurden in der Zwischenzeit wieder Häuser errichtet. 



Da dort, wo einst Miss Rockaway stand (oder lag), jetzt die Straße vorbeiführt, müsste es eigentlich möglich sein, einen Gestern / Heute - Vergleich zu machen. Ich werfe mal den Google Street View-Mann über Rockaway Beach ab.

google earth


Also, in etwa so hat sich der Anblick nahe der Beach 98th Street in den 90 Jahren zwischen den 1920ern und den 2010ern verändert. 




Etwas freundlicher wird es, wenn man noch weiter zum Ufer hinuntergeht und vom Boardwalk aus hochblickt, an dem Tag war besseres Wetter:



Mehr historische Bilder vom Vergnügungspark:

Mehr historische Bilder von der Rockaway Halbinsel

Über zahlreiche verschwundene Vergnügungsparks auf dem Stadtgebiet von New York

Mehr Beiträge im Blog über die Rockaway-Halbinsel:
http://nygeschichterucksack.blogspot.de/2015/05/rockaway-peninsula.html



Article 1

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Taking a Sun Bath at Rockaway Park


Enjoy the silence - The old WTC Outdoor Observatory

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Lange haben wir drauf gewartet, nun ist es endlich geschehen, im Süden von Manhattan gibt es wieder eine öffentliche Aussichtsplattform, von der aus man wie einst aus großer Höhe auf Lower Manhattan insbesondere und den Rest von New York hinabblicken kann. 

Weil die Höhenangaben zur Aussichtsplattform meinem Eindruck nach in der Berichterstattung immer etwas vage ausfallen und häufiger die Rede von von "fast 400 Metern" ist, habe ich in der englischsprachigen Wikipedia nachgeschlagen, wie es sich genau verhält, zumal ich irgendwie in Erinnerung hatte, dass die Aussichtsplattformen beim alten World Trade Center oberhalb von 400 Metern zu finden waren. 



Also beim One World Trade Center, dem Neubau, liegt die Aussichtsplattform, die gestern eröffnet wurde, im 100.-102. Stockwerk auf einer Höhe von 382 bzw. 386 Metern, so ganz präzise kann ich die Zahlen leider immer noch nicht zuordnen. Die Aussichtsplattform liegt im 100. Stock, darüber im 101. Stock gibt es eine Gelegenheit, in großer Höhe zu essen und darüber im 102. Stock hat man die Möglichkeit, Räumlichkeiten für Events in spektakulärer Höhe anzumieten. Ob bereits alle drei Stockwerke der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, weiß ich nicht, das 100. Stockwerk ist auf jeden Fall schon geöffnet.

http://skyscrapercenter.com/new-york-city/one-world-trade-center/98/
http://en.wikipedia.org/wiki/One_World_Trade_Center#cite_note-skyscraperCenter-5


Kommen wir jetzt zum Südturm des alten World Trade Centers. Dort befand sich das tiefer gelegene Indoor Observatory im 107. Stockwerk auf einer Höhe von 400 Metern, das höher gelegene Outdoor Observatory im 110. Stockwerk auf einer Höhe von 420 Metern. Die Höhe, die die alte Aussichtsplattform auf dem Dach des Südturms bot, wird mit der neu eröffneten Aussichtsplattform leider nicht erreicht.

http://en.wikipedia.org/wiki/World_Trade_Center#Top_of_the_World_observation_deck

Und hier sind noch drei Beiträge aus dem Blog hier über die Observation Decks des alten World Trade Center:
http://nygeschichte.blogspot.de/2011/11/wtc-south-tower-107th-floor-indoor.html
http://nygeschichte.blogspot.de/2011/12/wtc-south-tower-110th-floor-outdoor.html
http://nygeschichte.blogspot.de/2011/11/wtc-north-tower-107th-floor-windows-of.html


Folgen wir zum Abschluss der englischen Band "Depeche Mode" bis in die Höhe von 420 Metern, wo sie einst für ein Promo-Video ihre Single "Enjoy the Silence" performt haben.






Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Enjoy_the_Silence


New York Birdseye View 1880 Mystery - Part 3

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In der letzten Folge Nummer 36 der Lower Manhattan Saga hatte ich ein aus der Vogelperspektive erstelltes Panoramabild von Manhattan vorgestellt, das die Stadt zu Beginn der 1880er zeigen soll.


Auf diesem Bild gab es einige Gebäude, die ich nicht zuordnen konnte und die ich mangels eigener Zeit als Rätsel in die Leserrunde gegeben hatte. Leser Ken hat mir einige Vorschläge geschickt und die habe ich am vorletzten Wochenende begonnen auszuprobieren. Am letzten Wochenende folgte dann die Fortsetzung im zweiten Teil. Vier Gebäude konnten mittlerweile aufgeklärt werden, nun folgen die letzten zwei. 

Teil 1:

Teil 2: 




Genau, diese beiden hier sind noch über von den mir unbekannten Gebäuden, die ich in der 36. Folge der Lower Manhattan Saga markiert hatte. Ich gehe mal etwas mit dem Zoom zurück, damit man die Position dieser Bauwerke im Süden von Manhattan besser einordnen kann. 




So, wie diese Gebäude in das Häusermeer eingebettet sind, könnte ich mir vorstellen, dass sie mindestens im Westen an die gleiche Straße grenzen. Dabei müsste es sich um eine Straße handeln, die ähnlich wie der Broadway in der groben Nord-Süd-Richtung durch Lower Manhattan führt. 

Leser Ken hatte folgende Vorschläge für die Gebäude: einmal ??????? und einmal das U.S. Hotel an der Ecke Pearl Street / Fulton Street. 

Ich nehme mir zunächst einmal das südlichere Gebäude vor, also das hier: 



Ich denke, es ist sinnvoll, wieder wie bei den ersten Folgen an das Problem heranzugehen und zunächst einmal den 1879er-Stadtatlas von Bromley zu ziehen, um nachzuschauen, ob dort auffällige Gebäude in dem Sektor der Stadt eingezeigt sind. Der Vorschlag von Ken mit der Pearl Street könnte ja schon einen Hinweis geben, wohin man die Suche lenken muss. 




Ganz so einfach scheint das nicht zu sein. Ich habe mal mögliche Aspiranten mit 1, 2 und 3 markiert, wobei 3 eigentlich schon zu nahe an der noch nicht fertiggestellten, aber bereits eingeplanten Brooklyn Bridge liegt. 

Nummer 1 ist das von Ken vorgeschlagenen U.S. Hotel an der Ecke Fulton Street / Pearl Street, mit einer Hochbahnstation vor der Tür. Das ist allerdings mit Blick auf die Ausmaße des Gebäudes auf dem Luftbild, wo es einen ganzen Straßenblock abzudecken scheint, in der Karte etwas klein ausgefallen.  



Nummer 2 ist das St. Georges Building an der Ecke Beekmann Street / Cliff Street. 



Und bei Nummer 3 handelt es sich um das "Harper Bros Publishing House" an der Ecke zwischen Cliff Street im Westen und Pearl Street im Osten, Nähe Ferry Street.




zu 1. Ich habe zwar einiges an Bildmaterial von der Ecke Pearl Street / Fulton Street gesichtet, aber das stammte ausschließlich aus dem 20. Jahrhundert. Zeitgenössisches Material von dieser Ecke aus den 1880ern oder vom U.S. Hotel habe ich nicht finden können. Heute sieht die Südostecke der Kreuzung Fulton / Pearl Streets so aus:

google street view





zu 2. Nächste Möglichkeit wäre das St. Georges Building an der Ecke Beekman Street / Cliff Street. Hier haben wir eine Abbildung aus den NYPL Digital Collections, die nach eigener Beschreibung die Nordwestecke der Kreuzung zeigt, also genau jene, die wir suchen:





Ich könnte mir vorstellen, dass es sich dabei um das gesuchte Gebäude im Süden handelt, bestimmte Ähnlichkeiten sind da vorhanden. 




Das St. Georges Building hat seinen Namen wohl von einer Kirche, die zuvor auf diesem Grundstück stand und die auf diesem undatierten Foto noch vor ihrem Abriss festgehalten wurde:



Dieses Bild zeigt die Ruine der Kirche nach dem oben in der Bildbeschreibung erwähnten Brand von 1814: 




Auf dieser Aufnahme von 1904 sieht man das Gebäude in der Bildmitte: 



Und noch eine Abbildung des Gebäudes, auf ca. 1908 datiert: 



Nachtrag:

Ich habe gestern Abend ganz vergessen, noch die aktuelle Ansicht einzuarbeiten. Allerdings erweist sich das aufgrund der erheblichen Veränderungen in diesem Viertel auch als recht schwierige Mission. Soviel sei gesagt: das St. Georges Building steht nicht mehr.

google maps


Und mit dem Street View kommt man auch nur noch ein Stück in die Cliff Street hinein, nicht aber mehr bis zur Ecke Beekman Street.



Oder vom Süden her von der Pearl Street die Beekman Street hoch aus gesehen:


(Nachtrag Ende)


Kommen wir zum zweiten nördlicheren Gebäude: 



Dieses Gebäude könnte wirklich die Niederlassung des "Harper Bros Publishing House" sein, aber nur dann, wenn der Zeichner des Luftbildes den Verlauf der 1880 noch nicht fertiggestellten Brooklyn Bridge falsch in das Luftbild hineingezeichnet hat. Das Gebäude muss tatsächlich in ziemlich unmittelbarer Nachbarschaft zur Brücke gestanden haben.




Diese Abbildung der Cliff Street-Seite des Harpers-Gebäude von 1880 zeigt, dass es sich um ein Gebäude gehandelt haben muss, das auf jeden Fall aus dem Häusermeer herausgeragt hat. Ich vermisse allerdings den Turm, der aus der Gebäudemitte herausragt. 

Den sieht man auch auf dieser alternativen Abbildung der Franklin Square-Seite nicht: 




So richtig zufrieden bin ich mit der Lösung für das zweite Gebäude nicht, aber mangels Alternative lasse ich das erst mal stehen.

Nachtrag:
Auch hier möchte ich noch eine aktuelle Ansicht des Ortes nachreichen und auch hier fällt das schwer, weil sich das Viertel massiv verändert hat.

Wir erinnern uns. Die Niederlassung vom "Harper Bros Publishing House" befand sich mittig auf dem Straßenblock zwischen Cliff und Pearl Street sowie Ferry Street und Frankfort Street.





Das ist jetzt der Blick vom Südosten her die Pearl Street hinauf zum ehemaligen Franklin Square, die Gebäude links stehen etwa da, wo einst Harpers residierten.



Und hier haben wir die Mündung Cliff Street / Frankfort Street, von der Frankfort Street aus gesehen:


(Nachtrag Ende)


Das Lufbild von 1880 wirft aber bei eingehender Betrachtung noch mehr Fragen nach der Identität weiterer Gebäude auf, weshalb ich die Reihe wohl in den kommenden Wochen noch weiter fortsetzen werde. 

Ein weiteres Rätsel habe ich gerade erst entdeckt. Es stellt sich für mich nämlich die Frage, wo eigentlich auf dem Luftbild von 1880 das 1875 fertigestellte Western Union Telegraph Building geblieben ist, das auf jeden Fall auch dort auftauchen müsste. Oder soll das dieser mickrige Kasten sein, den ich mit dem Fragezeichen versehen habe. 




Dann muss man allerdings den Eindruck haben, dass der Zeichner das Western Union Building nicht leiden konnte, den die gewählte Größenordnung passt im Vergleich mit anderen ähnlichen Gebäuden überhaupt nicht. 






- FORTSETZUNG FOLGT - 


Bertram Goodhue and the Convocation Tower

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Bertram Goodhue (1869-1924) - http://netnebraska.org/node/871167


Unter den "Verlorenen Gebäuden" von New York City gibt es eine spezielle Kategorie derjenigen Gebäude, die vor langer Zeit einmal geplant waren, aber nie gebaut wurden. Auf ein Gebäude, das in diese Kategorie gehört, hat mich in der letzten Woche Michal Juroska aufmerksam gemacht. 


Wir erinnern uns zunächst: am Madison Square war einst direkt neben dem "Metropolitan Life Tower", der von 1909 bis 1913 das höchste Gebäude in New York und auf der Welt war, direkt nördlich ein alles überragender zweiter Wolkenkratzer geplant, der "Metropolitan Life North Tower" oder auch "Metropolitan North Life Building". 

Dieser Gigant, der ab 1928 entstand, sollte 100 Stockwerke umfassen und höher als das Empire State Building werden.





Von diesem kühnen Vorhaben wurde dann letztendlich aber nur der Stumpf mit den unteren Stockwerken realisiert, dann kam die Weltwirtschaftskrise und ab 1933 stagnierten die Bauarbeiten. Bis heute übrigens, das Gebäude ist nach wie vor unvollendet. Die heute anzutreffende Version endete mit 30 Stockwerken und wurde so 1950 fertiggestellt. 







Das Met Life North Building finden wir auf der Südostseite des Madison Square Parks zwischen der 24th and 25th Street. 

google earth


So weit - so gut. 

Was mir bisher aber nicht bekannt war und worauf mich Michal Juroska aufmerksam gemacht hat, ist der Umstand, dass es einige Jahre vorher ein weiteres ehrgeiziges Wolkenkratzerprojekt gegeben hat, das allerdings lediglich auf dem Papier existierte und nicht in die Tat umgesetzt wurde. Dabei ging es um den Bau des sogenannten Convocation Towers


Der sollte nur wenige Straßenblöcke weiter nördlich zwischen der 26th und 27th Street errichtet werden: 



Kenner der Materie wissen:. dort auf diesem Straßenblock befand sich im 19. Jahrhundert ein zentrales Depot für Eisenbahnfracht, das vom New Yorker Zirkusmagnaten P.T. Barnum erworben, zunächst an einen Herrn Kapellmeister Patrick Gilmore vermietet und später von Barnum in den ersten Madison Square Garden umgewandelt wurde.

Gilmores Concert Garden, Madison Avenue to Fourth Avenue, 26th to 27th Streets, ca 1876, from the collection of the museum of the city of New York


 First Madison Square Garden, originally occupied by NY Central Freight Station, 1880s, from the collection of the museum of the city of New York



Und 1890 entstand dann dort unter Federführung der Architektenfirma McKim, Mead and White der legendäre zweite Madison Square Garden, die berühmte Großveranstaltungshalle von New York. 



Als diese zu Beginn der 1920er den stetig wachsenden Bedürfnissen in der Metropole nicht mehr entsprechen konnte, wurde einerseits der Neubau des Madison Square Gardens unter altem Namen ein ganzes Stück weiter nördlich in Manhattan an der 8th Avenue geplant, andererseits nach einem Nachfolgebauwerk für den Straßenblock gesucht, auf dem bis dato die ersten zwei Madison Square Gardens gestanden hatten. 

Das Grundstück war von der "New York Life Insurance Company" erworben worden, die dort einen Neubau ihrer bisher im Süden von Manhattan gelegenen Firmenzentrale plante. Und hierzu konnten gewogene Architekten ihre Entwürfe einreichen. 

1921 reichte der amerikanische Architekt Bertram Goodhue einen kühnen Entwurf ein, der einen fast 300 Meter hohen neugotischen Turm vorsah, der zweifellos durch die zahlreichen Gotteshäuser mit beeinflusst war, die Goodhue bereits entworfen hatte. 



Ich denke, auch der Name "Convocation Tower" (Zusammenruf- / Einberuf- Turm) deutet darauf hin, dass dem Architekten ein überdimensionaler Kirchturm vorschwebte, als er dieses Gebäude entwarf. Dafür spricht auch ein Detail an der Gebäudespitze. Ich kann mich spontan nicht erinnern, dass an einem Wolkenkratzer schon mal ein überdimensionales und weithin sichtbares christliches Kreuz angebracht war.

Vielleicht war der Entwurf auch für die Lebensversicherungsgesellschaft zu religiös, zu wenig kompatibel mit der Geschäftspraxis einer Versicherung, die vermutlich nicht mit Begriffen wie Ethik, Gewissen und Wahrheit assoziiert werden möchte.

Wir wissen, wie es ausgegangen ist, Bertram Goodhue hat den Zuschlag nicht erhalten und erlebte aufgrund seines frühen Todes im Jahr 1924 nicht einmal mehr das Ende des zweiten Madison Square Gardens im Jahr 1925.



Stattdessen wurde ein Entwurf von Cass Gilbert, dem Architekten des Woolworth Buildings, akzeptiert und in den Jahren 1926-28 in die Tat umgesetzt.



Was Gilberts Entwurf mit dem von Goodhue verbindet ist der neugotische Stil, in dem beide Gebäude geplant wurden.

http://de.wikipedia.org/wiki/New_York_Life_Insurance_Building
http://en.wikipedia.org/wiki/New_York_Life_Building

Das Gebäude ist dank der großzügigen eingefärbten goldenen Spitze einer der Blickfänge, wenn man vom Empire State Building in südliche Richtung die Insel Manhattan hinunterblickt und in mittlerer Entfernung des Madison Square mit dem Flatiron Building, dem Metropolitan Life Tower und eben dem New York Life Insurance Building betrachtet.



Zum Abschluss für alle Wissenshungrigen noch zwei Beiträge aus der New York Times, in denen Bertram Goodhues Convocation Tower erwähnt wurde:

http://www.nytimes.com/1983/11/25/arts/an-unusual-array-of-small-architectural-shows.html
http://www.nytimes.com/1986/06/24/arts/architecture-renderings-of-skyscrapers-by-ferriss.html



Rollin' the WTC Outdoor Observation Deck

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Ich denke, dass es an diesem Wochenende nicht verboten ist, den World-Trade-Center-Observation-Deck-Fetisch noch etwas länger köcheln zu lassen. Und so höre ich auf, wie ich gestern Mittag angefangen habe. Mit einem Musikvideo, das teilweise auf dem Dach des Südturms vom World Trade Center entstanden ist. Nebenher gibt es gratis noch einige Straßenansichten aus dem Manhattan der ganz ganz frühen 2000er. 





http://en.wikipedia.org/wiki/Rollin'_(Limp_Bizkit_song)


P.S.: Aufgetreten sind die übrigens auf der Hubschrauberplattform des Südturms, wie es aussieht.



Article 1

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An diesem kühlen und windigen Wochenende (30./31.05.2015) wurden die nachfolgenden Beiträge im NYHG-Blog veröffentlicht:


Enjoy the silence - The Old WTC Outdoor Observatory
http://nygeschichte.blogspot.de/2015/05/enjoy-silence-old-wtc-outdoor.html


New York Birdseye View 1880 Mystery - Part 3
http://nygeschichte.blogspot.de/2015/05/new-york-birdseye-view-1880-mystery_31.html


Bertram Goodhue and the Convocation Tower
http://nygeschichte.blogspot.de/2015/05/bertram-goodhue-and-convocation-tower.html


Rolling the WTC Outdoor Observation Deck
http://nygeschichte.blogspot.de/2015/05/rollin-wtc-outdoor-observation-deck.html



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